Der Name der Rose

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Forumseintrag zu „Der Name der Rose“ von newhorizon

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newhorizon (08.05.2025 17:54) Bewertung
Für mich der mit Abstand beste Film über das Mittelalter
Wie man vielleicht auch anhand meiner anderen Filmkritiken feststellen kann, habe ich eher eine Vorliebe für europäische Filme. Auch wenn es hier natürlich auch einige Trash-Movies gibt, aber gerade was Filme über die europäische Geschichte anbelangt, vertraue ich da lieber guten europäischen Produzenten und Regisseuren. Die großen US-amerikanischen Studios haben schon zu oft bewiesen wie sie historische Begebenheiten und Fakten komplett verzerren und verfälschen.

Der Film vereinigt für mich ein Dream-Team wie es selten in der Geschichte des Films vorkommt. Der damals erfolgreiche deutsche Produzent Bernd Eichinger (die unendliche Geschichte, Der Untergang,…) welcher den Bestseller-Roman des Italieners Umberto Eco mit dem französischen Regisseur Jean-Jacques Annaud (Der Bär, Sieben Jahre in Tibet,…) verfilmen ließ. Der gebildete Umberto Eco wusste sehr genau über die Geschichte des Mittelalters Bescheid und konnte hier Fakten mit einem sehr ausgeklügelten Krimi verbinden. Dabei könnte ich mir in der Hauptrolle des William von Baskerville niemanden besser vorstellen als Sean Connery. Er verkörpert hier grandios den weisen, bedächtigen aber auch teils beharrlich, sturen Franziskaner-Mönch.

Nächstes Jahr wird bei den Acadamy Awards zum ersten Mal der Oscar für das Casting vergeben. Dieser Film müsste ihn posthum dafür bekommen, so grandios ist hier die Wahl der Schauspieler. Hier sind die Mönche keine farblosen, normalen Männer in Mönchskutten wie es bei der späteren Serie der Fall ist. Bruder Remigio (Helmut Qualtinger), Malachia (Volker Prechtel), der weise Jorge (Feodor Chaliapin Jr.), Ubertino de Casale (William Hickey) oder Bruder Berengar (Michael Habeck) wirken wie für diesen Film geschaffen um nur ein paar davon herauszugreifen. Diese sonderlich, bizarren Persönlichkeiten wie sie so ein Film auch braucht. Auch F. Murray Abraham (der Salieri in „Amadeus“) hat hier wie gewohnt die Rolle des Bösen in Form von Bernardo Gui überzeugend dargeboten. Einzig allein Christian Slater als Adson von Melk fällt hier etwas ab und Ron Perlman als geistig minderbemittelter Salvatore ist dann für mich schon einen Tick übertrieben.

Das Glockenmotiv von James Horner ist schon sicher ein Klassiker, doch ich hätte mir ebenso wie der Regisseur gewünscht, dass Horner für den Rest schon ein echtes Orchester herangezogen hätte. Die Synthie-Streicher klingen ihrer Zeit nach (Mitte der 1980er) schon etwas cheesy und unpassend. Vermutlich gab das damalige Budget nicht mehr her.

Da ich auch das Making-Of und einige darüber hinausgehende Infos habe, hier vielleicht ein paar interessante Details die noch nicht jeder wissen wird: Alle Schauspieler in ihren geistlichen Rollen mussten vorab Gesangsunterricht nehmen um gregorianische Choräle singen zu können (auch Sean Connery). Die reißen also nicht nur für den Film den Mund zu einer Aufnahme auf. Diese akribische Detailverliebtheit ist dem Regisseur Annaud zu verdanken, dem es sehr um Authentizität ging und sich hier auch von Geschichtsexperten beraten ließ. Umberto Eco hat in seinen Krimi mitunter Personen eingeflochten die tatsächlich einmal existiert haben: Etwa den Inquisitor Bernard Gui (1261-1331) oder den italienischen Theologen Ubertin von Casale (1259-1328). Die damals große Vormachtstellung der Kirche und das Verhältnis zu der meist armen Bevölkerung wurde gut dargestellt.

Spoiler (aber wer hat ihn noch nicht gesehen?) Etwas unrealistisch, kann sich Baskerville nach einiger Zeit aus einem komplett brennenden Turm retten. Angenehm ist es, nicht wie so oft ein komplettes Happy End serviert zu bekommen: Passend zu der damaligen Zeit, wurde die Liebe von Adson von Melk zu einer Frau schließlich für die Liebe zu Gott und seinem Meister links liegen gelassen. Alles andere hätte auch das Ende nur unnütz verkitscht.
 
 

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