Loriots große Trickfilmrevue

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Forumseintrag zu „Loriots große Trickfilmrevue“ von Filmgenuss

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Filmgenuss (28.05.2023 12:14) Bewertung
Nicht für's Kino, für's Fernsehen leben wir
„Die Ente bleibt draußen!“ – Kenner des Oeuvres von Loriot wissen, dass der mit rotweißer Badehaube ausgestattete, distinguierte Herr Müller-Lüdenscheid nicht allein in der Wanne seines Hotelzimmers hockt. Ihm gegenüber Hr. Dr. Kloibner, der sich erstmal wundert, warum beide im Trockenen sitzen. Natürlich ist dieser Sketch ein fast schon zeitloser Klassiker. So wie der Kunstpfeifer. Oder der zum Sprechen erzogene Hund, der gerne seine Zunge zeigt. Zum laut drauflos brüllen und nicht mehr halten können vor Lachen – dafür sind diese Anekdoten nicht gedacht. Was sie anregen, ist leises Schmunzeln. Ist das Wundern ob so mancher verblüffender Eigendynamik, die aus einem nichtssagenden Gespräch entsteht und dann zu einem Disput führt, aus dem es kein Zurück mehr gibt.

„Hermann, was machst du gerade?“ – Das ist auch so ein Knüller. Und spricht so manchem Ehegatten vielleicht aus der Seele. Vicco von Bülows Töchter Bettina und Susanne haben es nun geschafft, gemeinsam mit Regisseur Peter Geyer (der eigentlich nicht viel tun hat müssen, außer vielleicht, das Material ordentlich aufzumotzen) eine Reminiszenz an das zeichnerische Schaffen ihres Vaters ins Kino zu bringen. Vereint wurden 31 der besten Trickfilme, die damals, in den Siebzigern, so manch goldenen Moment der Fernsehunterhaltung schufen. Die Ambition dahinter ist lobenswert. Die Umsetzung ist es nicht. Denn da fehlt so einiges, um nicht nur als Aneinanderreihung sämtlicher, ohnehin fertiger Nummern das Publikum zu plätten. Loriots große Trickfilmrevue erweckt den Eindruck, als hätten Bülows Erbinnen nicht ganz verstanden, welchem Medium sich der Meister des subversiven und feinen Verbalhumors eigentlich verschrieben hat. Wie seine Trickfilme am besten funktionieren, nämlich im Austausch mit seinen Live-Act-Sketches. Und was ein zweidimensionaler Bildstil, der mit großen Farbflächen arbeitet, auf großer Leinwand für eine Wirkung hat.

Loriot lebte fürs Fernsehen. Dort gehören seine Cartoons auch hin. Genau dafür sind sie gemacht, und dafür ist der simple Stil seiner Figuren auch geeignet. Nicht alles muss auf die große Leinwand. Und nicht alles ist auf der großen Leinwand gleich besser. Sitzt man im Kino etwas zu weit vorn, können geballte 80 Minuten lang dicknasige Karikaturen, die zeitgeistigen Dialogwitz von sich geben, ordentlich anstrengen. Nein, das haut nicht hin. Des Weiteren sind seine kurzen Animationen eben deswegen kurz, weil sie Teil eines Konzepts sind, das mit Bülow und Partnerin Evelyn Hamann vor der Kamera die beste Balance gefunden hat. Und drittens: Ja ist es denn nicht ohnehin wenig verwunderlich, warum Loriot Zeit seines Lebens nur zwei Kinofilme gedreht hat? Warum nur? Weil sein Humor im Kurzen und Knappen am besten funktioniert. Weil der Overkill – sprich: die dichte Aneinanderreihung immer des Ähnlichen – die feine Klinge abstumpfen lässt. Vieles ist dabei längst in der analogen Dekade des 20. Jahrhunderts hängen geblieben. Manche seiner Nummern wirken stark veraltet, andere, die das soziale Verhalten urbaner Bürgerinnen und Bürger aufs Korn nehmen, sind immer noch gut.

Hätten die Bülows nur daran gedacht, ihren Vater, den Altmeister, zu Wort kommen und ein bisschen aus dem Nähkästchen plaudern zu lassen. Das wäre die Chance gewesen, dem ganzen Experiment auch eine biographisch-dokumentarische Note zu verleihen. Letzten Endes bleibt die Nummernrevue uninspiriert aufbereitet – und Hermann, Müller-Lüdenscheid und Dr. Kloibner in der Diskonter-Auslage sitzen.

Was sie da wohl wieder zu meckern hätten? Loriot würde es wissen.




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