Arielle, die Meerjungfrau

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Forumseintrag zu „Arielle, die Meerjungfrau“ von cinemarkus

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cinemarkus (30.05.2023 23:51) Bewertung

Die Frage bei den Disney Live-Action Remakes ist ja immer das „Warum?“
Warum einen Klassiker einfach neu machen, wenn man absolut nichts neues zu erzählen hat? Oder etwa doch?

Jein. Im Großen und Ganzen ist es wirklich 1:1 dieselbe Geschichte, und da fragt man sich wie der Film fast eine Stunde länger dauern kann. Mein Hauptkritikpunkt beim Original war ja immer, dass die Liebesgeschichte (selbst für ein Musical) zu schnell und zu unglaubwürdig daher kommt. Darin diesen Fehler zu beheben fließt ein Großteil der zusätzlichen Laufzeit. Und das erfolgreich, wie ich finde. Dieses Mal hab ichs geglaubt und gefühlt. Prinz Eric kriegt zu diesem Zweck auch mehr Backstory, mehr Motivation und sogar einen eigenen Sehnsuchtssong (dazu aber gleich mehr). Auch der „Romeo und Julia“-esque Konflikt zwischen Mensch und Meervolk wird ein bisschen besser ausgespielt wie ich finde, er bekommt von beiden Seiten etwas mehr Tiefe verliehen.
Ebenso können durch die „Gnade der späten Produktion“ ein paar Logiklöcher des Originals ausgebessert werden. Die Verlagerung des Schauplatzes in die warme Südsee verleiht der bunten Unterwasserwelt nun auch mehr Sinnhaftigkeit und sorgt dahingehend für optisch sehr ansprechende Sequenzen. Lediglich eine wirklich signifikante Änderung fällt auf, die ich hier natürlich nicht verraten will, die aber jemand, der die Remakes, seit längerem verfolgt, sicher erahnen wird (Stichwort „Female Empowerment“). Ich finde, dass sie weder stört, noch irgendwas besser macht, aber sicher denselben Leuten sauer aufstoßen wird, die mit der Hautfarbe der Protagonistin ein Problem haben.

Die stört nämlich definitiv nicht, im Gegenteil. Halle Bailey ist einer der Lichtblicke des Films, schauspielerisch, wie gesanglich Top Casting. Nach ihrer Darbietung von „Part of your world“ fällt es echt schwer nicht wie in einer Live Show in Applaus auszubrechen. Melissa McCarthy als Ursula funktioniert für mich großartig. Daveed Diggs als Krabbe „Sebastian“ sorgt für jede Menge Humor und Javier Bardem macht was Javier Bardem halt macht, kriegt dafür aber auch nicht mehr Screentime als König Triton im Original. Nur Awkafina als Möwe „Scuttle“ hätte ich nicht gebraucht, ich bin aber zugegeben einfach kein Fan von ihr.

Die Legitimität aller Remakes hab ich ja immer damit entschuldigt, dass mir „Aladdin“ „Speechless“ beschert hat, einen der besten Disney Songs aller Zeiten. Leider kann ich das hier nicht behaupten. Erics „Wild Uncharted Waters“ reicht leider bei weitem nicht an die Klassiker heran und hab ich 5min später schon wieder vergessen. Die Rap-Einlage „Scuttlebutt“ geht ja mal gar nicht (was aber wie bei der Darbieterin Awkafina einfach nur persönlicher Geschmack ist). Nur Arielle‘s neuer Song „For the first time“ kann ein klein wenig Disney Magie versprühen, verliert aber etwas von seiner Wirkung, da er angesichts ihrer verloreren Stimme aus dem Off ertönt. Von einem DER Highlights, einer zusätzliche Reprise von „Part of your world“, hat man bis jetzt dagegen nie gewusst, wie sehr man sie eigentlich vermisst hat.

Im Gegensatz zu der vorher erwähnten Änderung wäre wirklich Potential da gewesen das „Female Empowerment“ hochzufahren, indem man mit dem „Kuss der wahren Liebe“ Klischee gebrochen hätte. Aber dann hätte man auch „Kiss the girl“ streichen müssen. Feminismus schön und gut, aber nicht wenn er der guten alten Nostalgieausschlachtung im Weg steht.

Die Effekte, im Trailer noch etwas seltsam, sehen auf der großen Leinwand echt beeindruckend aus. Nicht auf Avatar 2 Niveau aber doch sehr überzeugend. Wie bei „The Lion King“ verlieren leider alle tierischen Figuren durch die photorealistische Darstellung komplett ihren Charakter, nur bei Sebastian ist der in Zügen zu spüren, denn der sieht lange nicht so furchtbar aus wie erwartet.
So kann man (genau wie bei „I just can’t wait to be king“) einerseits bewundern, wie sie es geschafft haben „Under the sea“ mit einer realitätsnaheren Choreografie umzusetzen, andererseits dadurch den Pomp des Originals vermissen.

Zusammengefasst zeigt „The Little Mermaid“ also alles, was bei den Neuverfilmungen gut UND schlecht läuft.
 
 

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