Nobody's Hero

Bewertung durch Finn  80% 
Durchschnittliche Bewertung 80%
Anzahl der Bewertungen 1

Forumseintrag zu „Nobody's Hero“ von Finn

bigsur_46762b85c4.jpeg
Finn (31.10.2022 15:48) Bewertung
Karikatur und Empathie in Guiraudies neuestem Werk
Skurriler Humor kennzeichnet die Werke von Alain Guiraudie. In seinem neuen Film “Viens Je T’emmène” geht der französische Regisseur noch einen Schritt weiter und scheut nicht davor, eine Geschichte voller amüsanter Absurditäten auf der Leinwand zu spielen. Als Eröffnungsfilm der Berlinale-Sektion Panorama feierte die Tragikomödie im Februar seine Weltpremiere.

Als der sympathische, eher zurückhaltende Mittdreißiger Médéric seine morgendliche Joggingrunde antritt, begegnet er der älteren, verheirateten Sexarbeiterin Isadora und verliebt sich sofort. Am selben Tag treffen sie sich noch im Hotel de France. Ihr beginnendes Liebesspiel findet rasch sein Ende. Im Bett überrascht die beiden eine Nachricht über einen Terroranschlag in ihrer Ortschaft Clermont-Ferrand. Während die Stadt in Aufruhr ist, trifft Médéric auf Sélim, einen jungen arabischstämmigen Obdachlosen, den er mit Geld und Unterkunft für die Nacht versorgt. Kurze Zeit später hat Médéric doch Bedenken und das Gefühl, Sélim könnte etwas mit dem Anschlag zu tun haben. Er verständigt daraufhin die Polizei. Inzwischen ist Isadoras eifersüchtiger Ehemann aufgetaucht und sorgt für Ärger.

Tragik und Komik werden verschmolzen, Klischees und Vorurteile zerstört.
Guiraudie fängt das Zeitklima Frankreichs ein und hinterfragt Themen wie Rassismus, Körperbilder, Alter, Religion und sexuelle Orientierung. Unmögliche Liebe, nachbarschaftliche Solidarität und gesellschaftliche Paranoia werden zwischen Ernsthaftigkeit und satirischer Komik thematisiert.

Der französische Regisseur orchestriert Figuren sondergleichen, wie die über 50-jährige Prostituierte Isadora, durch Humor, Körpersprache, Alltag, Aussehen, ihren Aktionen und Aktivitäten, so dass sie einander in bizarrer Weise spiegeln.
Diese Eigenschaften und Widersprüche transformieren die Akteure von bloßen Funktionsträgern zu dreidimensionalen Charakteren.

Die satirisch, humorvolle Filmsprache kreiert eine Atmosphäre, die ernste, schwierige Themen dem Zuschauer zugänglich macht. Wie in einem Theaterstück verwickeln sich so gut wie alle Figuren in den sozialen Konflikt, der den Film prägt. Obwohl sich das schauspielerische Talent mit Bravour hervorhebt, wirkt in gewissen Szenen das zufällige Auftauchen von Darstellern etwas beliebig.

In gelungener Weise distanziert sich dieser Film von klischeehaften Komödien.
Plötzliche Umkehrungen und Wendungen, mit denen das Publikum nicht rechnet, kennzeichnen Guiradie’s Film und bieten eine aufgeladene Unterhaltung.
Wenn der Zuschauer lachend den Saal verlässt und seine Freunde noch einmal an die besten Pointen oder Gags erinnert ist es zweifellos, dass der Humor in den Dialogen und in den völligen Widersprüchlichkeiten des turbulenten Personenkarussels bestens ankommt.
 
 

zum gesamten Filmforum von „Nobody's Hero“
zurück zur Userseite von Finn