Dinner für Acht

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Filmgenuss (06.03.2023 17:20) Bewertung
Achtung, Feind hört mit!
Eine Gruppe Young Adults, die einander kennen und von externen Aggressoren aufgemischt werden – kennen wir. Eine Gruppe Young Adults, die einander kennen und sich selbst aufmischen – das ist fast noch interessanter. Letztes Jahr lief der hochsommerfrische Nobel-Villa-Slasher Bodies Bodies Bodies in unseren Kinos. Besagte Truppe aus attraktiven jungen Frauen und nicht weniger attraktiven jungen Männern feiern eine Poolparty. Je länger der Abend, desto repetitiv die Gestaltung desselbigen. Bei diesem amerikanischen Film hier wählt man zum Ausgleich das titelgebende Gesellschaftsspiel – es gilt herauszufinden, wer der Mörder ist. Klarerweise endet das in einer unglücklichen Verkettung von ungesunden Missverständnissen. Und hebt am Schluss noch ganz keck den moralischen Zeigfinger.

In der österreichischen Version besagten Sommerabends unter Freunden ist ein Gesellschaftsspiel wie dieses vielleicht ein bisschen unterfordernd. In Zeiten devoter KIs, Permanentortung anderer und geschmissenen Haushalten durch verknüpfte Elektronik fällt diesen intellektuellen Kindsköpfen etwas ganz anderes ein, um sich die Zeit zu vertreiben: Sie schalten ihre Handys ein. Nichts neues, könnte man meinen. Wird’s fad, hilft ein Check der Social Media Apps. Doch diese Zerstreuung ist im noblen Zuhause von Sophie und Arian allerdings nicht gemeint. Hier geht die Idee viel tiefer, und zwar noch viel tiefer, als sie bereits ging, als Elyas M’barek, Karoline Herfurth und Florian David Fitz ihre aus dem Smartphone erhaltenen Message-Geheimnisse an die große Glocke hängen mussten. Auch schön grimmig, fast so wie Flaschendrehen. An diesem Dinner made in Austria geht es aber weder um private Geheimnisse noch um Beziehungsstati, sondern um die totale Überwachung: Was also, wenn alle so tun, als plane man einen Terroranschlag – würde jemand mithören? Und wenn ja – würden Antiterroreinheiten bald das Grundstück stürmen? Spannend, das Ganze. Also werden verborgene schauspielerische Talente aus dem Nähkästchen geholt, jeder wettert für sich und so, dass es alle hören können, gegen das korrupte System. Während alle in ihrem Eifer das Experiment des Abends wagen, taucht ein ungebetener, aber nicht unbekannter Gast auf. Seis drum, je später der Abend, desto schöner die Gäste. Dieses Sprichwort muss allerdings erst noch auf Herz und Nieren überprüft werden.

Wer genau mitgezählt hat, wird über die Zahl 7 der anwesenden Gäste nicht hinauskommen. Was hat es also mit den Acht auf sich? Dieser wunderliche Umstand ist nur ein weiterer unter ein paar anderen Rätseln, die in dieser Nacht gelöst werden wollen. Werbefilmer Bernhard Ratka würdigt in seinem ersten Kinofilm die Grundmechanismen des Slasher-Subgenres, ohne dessen Versatzstücke aber weiterzuführen. Der Thriller-Aspekt hängt wie ein Damoklesschwert über alle hier Anwesenden. Das Unbequeme lauert an allen Ecken, der externe Aggressor mag kommen, alle sind bereit. Doch diese Erwartungen erfüllt Ratka nicht. Ein Fehler? Eher ein kluger Schachzug. Statt auf Volldampf das Spannungskino zu zelebrieren, vergnügt sich Dinner für Acht lieber noch ein paar Einstellungen länger, während eines feuchtfröhlichen Tanzabends, bis vielleicht gar die Exekutive auf der Matte steht. Das Risiko ihres Spiels, die potenzielle Straftat für ein mediales Experiment pfeffert den Abend. Die Spannung, bevor sie sich entlädt, das Warten darauf, das etwas geschieht, hält die Gesellschaft alleine schon auf Trab.

Man könnte meinen, dass Dinner für Acht demnach vielleicht zu wenig bietet, und sich auch zu lange ziert, um als kammerspielartiger Thriller durchzugehen. Bodies Bodies Bodies war da schon viel eher am Eingemachten dran. Der Rückzug aber vor dem Plakativen ist eine nette Abwechslung, dank des glücklich gecasteten Ensembles rund um die einnehmende Katharina Scheuba (bitte mehr von ihr!) geht die Rechnung auch auf, wobei die Mystery-Komponente dann doch noch – und fast schon pflichtschuldig – zum Einsatz kommt.


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