A Hero

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Forumseintrag zu „A Hero“ von MrsBlonde

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MrsBlonde (30.03.2022 19:41) Bewertung
Moralische Zwickmühle
Exklusiv für Uncut
Asghar Farhadi zählt dank sozialkritischer Werke wie „The Salesman“ oder „Nader und Simin – Eine Trennung“ zu den renommiertesten Regisseur*innen aus dem Iran. Mit seinem neuesten Werk, „A Hero“ hat er abermals ein moralisches Dilemma zum Handlungsmittelpunkt auserkoren, welches die Zuschauer*innen mit so allerlei ethischen Fragen konfrontiert.

Rahim (Amir Jadidi) sitzt aufgrund unbezahlter Schulden seine Haftstrafe im Gefängnis ab, was unter anderem dazu führt, dass sein Sohn Siavash (Saleh Karimaei) bei der Familie seiner Schwester Malileh (Maryam Shahdaei) unterkommt und die Hochzeit zwischen Rahim und seiner Freundin Farkhondeh (Sahar Goldust) auf unbestimmte Zeit verschoben wird. Rahims gesellschaftlicher Ruf scheint darüber hinaus zerstört. Dies soll sich jedoch plötzlich ändern, als Farkhondeh eines Tages eine Handtasche mitsamt unzähligen Goldmünzen findet und Rahim diese während eines Freigangs an die rechtmäßige Besitzerin zurückgibt. Anfangs noch gefeiert als uneigennütziger Held, beginnt für Rahim daraufhin ein konfliktbehafteter Medienzirkus, der nicht ohne Folgen bleibt.

Der Einstieg in die Handlung von „A Hero“ ist abrupt, an Erklärungsversuchen wird gespart, die Zuseher*innen werden sehr direkt in Rahims Welt geworfen. Die Umstände seiner Inhaftierung sowie die Folgen des Taschenfundes sollen erst im Laufe der Handlung aufgelöst werden. Der Film ist durchwachsen von so einigen Höhe- und Tiefpunkten: Was mit einer relativ nachvollziehbaren Entscheidungsfindung beginnt (Soll Rahim die Tasche an die Besitzerin zurückgeben oder lieber das darin gefundene Geld zur Tilgung seiner Schulden nutzen?) endet letztendlich in einer endlosen Schleife an verzwickten Umständen, wo der Drang, das Richtige zu tun, immer im Mittelpunkt steht. Dabei wird Rahim mit so allerhand unerwarteten Hindernissen konfrontiert, die beweisen, dass man sich schnell in einer verhängnisvollen Situation wiederfinden kann, selbst wenn die ursprüngliche Absicht eine gute war. Das moralische Dilemma, welches am Anfang von „A Hero“ steht, stellt hier zwar einen guten Ausgangspunkt für die folgenden Missverständnisse dar, mit der Zeit wird das Handlungsschema allerdings auch schnell repetitiv, was dazu führt, dass die Handlung an mancher Stelle auch etwas langatmig erscheint. Es wirkt fast, als wollte Farhadi, der auch das Drehbuch zu „A Hero“ schrieb, seinem Protagonisten möglichst viele Steine in den Weg legen und setzte hierbei möglicherweise sogar auf zu viel des Guten.

Was allerdings umso spannender zu betrachten ist, sind die Beziehungen zwischen Rahim und den anderen Charakteren, die äußerst fein herausgearbeitet werden. Mit Amir Jadidi ist die Hauptfigur geradezu ideal besetzt, wenn er in seiner Darstellung stets gekonnt zwischen sanftmütigem Vorgehen und zornigem Verhalten alterniert. Saleh Karimaei, der Rahims stotternden Sohn verkörpert, stellt sich darüber hinaus als junges Schauspieltalent heraus.

Wenngleich die Plot-Twists im Laufe des Films etwas überstrapaziert werden, liefert Asghar Farhadi mit „A Hero“ nichtsdestotrotz ein stimmiges Gesamtbild rund um unfaire Machtpolitiken und moralische Fragestellungen und gibt einen berührenden Einblick in das Alltagsleben einer Familie, die durch unglückliche Umstände in eine missliche Lage gelangen. Die Kernbotschaft des Films wird nach dessen Sichtung lange nachhallen, nicht zuletzt auch dank einer melancholischen Endeinstellung.
 
 

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