VHYes

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Forumseintrag zu „VHYes“ von chrosTV

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chrosTV (19.09.2020 08:11) Bewertung
Nostalgisches Zappen durch eine vergangene Ära
Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
Klassische Videokameras sind schon längst aus der Mode gekommen. Für einige Kinder der Achtziger und Neunziger waren es aber genau heute rustikale Gerätschaften wie diese, die für sie einst die Liebe zum Medium Film erweckten. Das Alltagsgeschehen wurde mit der Kamera begleitet, Homevideos oder erste Kurzfilme gedreht und mithilfe der verwendeten Videokassetten Fernsehsendungen aufgezeichnet. Nicht anders erging es Regisseur Jack Henry Robbins, dem Sohn der beiden Oscar-Preisträger Tim Robbins und Susan Sarandon, der mit seinem Langfilmdebüt „VHYes“ einen Liebesbrief an diese glorreiche Ära geschaffen hat.

In der bizarren Komödie bekommt der Junge Ralph (Mason McNulty) Ende der 80er-Jahre von seinen Eltern einen Camcorder zu Weihnachten geschenkt. Fortan verwendet er diesen, um gemeinsam mit seinem besten Josh (Rahm Braslaw) kleine Filmchen zu drehen und auch dafür, TV-Sendungen aufzuzeichnen, die spätnachts während seiner Schlafenszeit so im Fernsehen laufen. Bei der VHS-Kassette, die Ralph für seine neue Kamera verwendet, handelt es sich eigentlich um das Hochzeitsvideo seiner Eltern, das nun mit eigenen Aufnahmen des Jungen und trashigem 80er-Jahre-TV überspielt wird.

Ein Narrativ im klassischen Sinne lässt Robbins in seinem Film die meiste Laufzeit über außen vor. Vielmehr ist „VHYes“ weitestgehend eine Aneinanderreihung Clipshow-esquer Vignetten und Sketches, in denen das Fernsehen der späten Achtziger köstlich persifliert wird. Alleinig als solche weiß die experimentelle Komödie, die gänzlich auf VHS und Betamax gedreht wurde, bereits prima zu funktionieren und wird das Nostalgieherz so mancher Zuschauer*innen definitiv höher schlagen lassen. In Windeseile zappt der Film quer durch ein überzeichnetes aber treffendes Abbild der Fernsehlandschaft der 80er-Jahre. So werden beispielsweise obskure Teleshopping-Sendungen, schrullige Werbespots oder gar peinliche Softcore-Pornos auf herrlich absurde und äußerst amüsante Art und Weise aufs Korn genommen. Im Minutentakt wechselt der Film von Sendung zu Sendung oder setzt dort an, wo er noch Minuten zuvor aufgehört hat – ohne je an Unterhaltungsfaktor einbüßen zu müssen. Eines der großen Highlights stellt eine urkomische Parodie altbackener True-Crime-Dokus dar, die in späterer Folge auch mit der anfangs noch vagen Haupthandlung verbunden wird. Scheint es nämlich noch zu Beginn so, als wäre der einzige rote Faden, der sich durch die Komödie zieht, das sporadische Auftauchen von Ralph, dessen zerstrittenen Eltern und seinem besten Freund Josh, spannt sich im surrealen Finale ein ungeahnt tiefsinniger Handlungsbogen um den gesamten Film. Nun würde der ein oder andere zynischere Zuschauer wohl meinen, dass dies lediglich geschah, um die zuvor nur lose miteinander verbundenen TV-Sketches in letzter Sekunde noch in ein Handlungskonstrukt zu zwängen - rückblickend betrachtet ergibt diese Entscheidung jedoch absolut Sinn.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Jack Henry Robbins mit seinem Langfilmdebüt „VHYes“ eine liebevoll umgesetzte und unheimlich unterhaltsame Hommage an das Zeitalter der VHS-Kassetten und Videorekorder gelungen ist, die im letzten Drittel mit ungeahnten Meta-Verschachtelungen aufwarten und dem Publikum eine erstaunlich breite Palette an Emotionen durchleben lässt.

Ein schreiend komischer und nur so vor Kreativität strotzender Streifzug durch die TV-Landschaft der späten Achtziger, der die ein oder andere geschickt eingefädelte Überraschung parat hält.

Jetzt schon eines der großen Highlights des diesjährigen SLASH-Filmfestivals!
 
 

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