Black Widow

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Forumseintrag zu „Black Widow“ von DanyBoy


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DanyBoy (04.07.2021 09:17) Bewertung
Die schwarze Witwe hat Probleme mit ihrer Familie
Exklusiv für Uncut
Nachdem der geplante Start im Mai 2020 aufgrund von Corona verschoben werden musste, darf Marvel mit „Black Widow“ nun endlich seine vierte Phase des Marvel Cinematic Universe einleiten. Dabei handelt es sich um ein Pre-Sequel welches nach „Captain America: Civil War“ aber vor „Avengers: Endgame“ spielt und Natasha Romanoff dabei begleitet wie sie sich mit ihrer Vergangenheit als hochspezialisierte Auftragsmörderin auseinandersetzt.

Auslöserin des Geschehens ist hier Nataschas jüngere Schwester Yelena Belova (Florence Pugh) welche ein wertvolles chemisches Mittel in die Hände bekommt und nun dafür gejagt wird. In der Hoffnung das die Avengers aushelfen können lässt sie Natasha das Mittel zukommen, welche jedoch nach den Ereignissen in „Civil War“, selbst eine Gejagte ist. Aus der Not heraus werden auch die Eltern mit in die Misere gezogen und Natascha ist gezwungen alten Bekannten und längst verdrängtem erneut zu begegnen.

Vorweg sei gesagt, „Black Widow“ ist im Großen und Ganzen ein Marvel-Film wie die meisten aus dem MCU. Soweit hochwertig produziert mit einem charismatischen Cast, viel Humor und einem ganzen Haufen Actionszenen. Wer also mit Marvel-Filmen gut kann, wird hier sicher auch auf seine Kosten kommen. Wer sich erhofft hatte, dass „Black Widow“ einen ernsteren Weg im MCU einschlägt und mehr Spionagethriller als Action-Blockbuster ist, wird enttäuscht werden. Der Produzent Kevin Feige und die Regisseurin Cate Shortland bleiben der Marvel-Linie treu und versuchen gar nicht erst hier irgendeine Form von Experiment zu wagen. Was jedoch bei „Black Widow“ auffällt, ist dass die Marvel-Formel bei dem Charakter Natasha Romanoff nur bedingt wirkt. Während die meisten Marvel-Filme oberflächliche Themen, sehr oberflächlich behandeln und Tiefe eher zwischen den Charakteren gesucht wird, schneidet „Black Widow“ zu tiefe Themen an, als das dies funktionieren könnte. Wo die Hintergrundgeschichten von Cap, Thor, Iron Man und Hulk geprägt sind von Zweifeln, Alkoholismus oder Geschwisterstreitigkeiten, finden wir in Black Widows Vergangenheit Kindesmissbrauch, Kindersoldaten, Manipulation und Zwangssterilisierung. Im Film selbst formulieren Bösewichte Aussagen wie, dass junge Mädchen, um die sich niemand kümmert, die einzige Ressource auf der Welt sein, von der es zu viel gibt. Wo Tony Stark mit seiner schwierigen Beziehung zu seinem Vater strauchelt, quält sich Natasha Romanoff mit der Frage nach Selbstverantwortung für all das unschuldige Blut, das an ihren Händen klebt. Wir erblicken hier also eine ungewöhnlich düstere Bühne für das MCU. Doch genau deshalb funktioniert die Marvel-Formel denkbar schlecht. Zu komplex, zu politisch und zu ernst sind die Themen, als dass sie mit der luftigen Attitüde von Marvel harmonieren. Dem Film ist das denkbar egal und er macht weiter wie bisher. Doch dies lässt den Plot und die Charaktere besonders blass und sinnlos erscheinen. Wenn sich jene Personen die Natasha und ihre Schwester Yelena, ohne mit der Wimper zu zucken in die Hölle der Kinderattentäter gestoßen haben, diese Taten mit zwei Witzen und einem dramatischen „I am sorry“ wieder reinwaschen, wird den Charakteren doch arg viel Ernsthaftigkeit genommen. Auch Thematiken wie jene von Frauen, die von Männern gegeneinander aufgespielt werden, finden für kurze Momente Anklang, bevor sie unbearbeitet und unreflektiert vom nächsten Witz oder Kampf verdrängt werden.

Doch dank den restlichen klassischen Marvel Momenten kann der Film trotzdem unterhalten. Scarlett Johansson, Florance Pugh und Rachel Weisz sind fantastisch und holen alles aus dem Script heraus, was geht, während David Harbour für viel Comic Relief sorgt. Doch selbst hier schmerzt es leicht, wenn man weiß wozu Johansson, Pugh und Weisz in der Lage sind. Wie viel mehr man diesen fantastischen Schauspielerinnen hätte erzählen können.
Besonders zugute halten kann man dem Film, dass er die Sexualisierung des Charakters Black Widow (den Scarlett Johansson erst kürzlich in „Iron Man 2“ kritisierte), nicht fortführt und sich an einigen Stellen süffisant über einige Aspekte der damaligen Inszenierung lustig macht. Es lässt sich außerdem nicht verneinen, dass der Film einige emanzipatorische Momente hat, in welchen er glänzt.

Am Ende des Tages sind in dieser Kritik viele Wort gefallen, um etwas sehr Simples zu sagen: „Black Widow“ ist ein weiterer unterhaltsamer Marvel-Film, nicht mehr und nicht weniger. Nur lässt der karge Umgang mit brisanten und hochpolitischen Themen umso deutlicher aufzeigen wie formelhaft Marvel-Filme eigentlich sind. Für mich persönlich blieb das klassische Gefühlt, dass ich nach den meisten MCU-Filmen habe: Unterhaltsam, aber da wäre so viel mehr gegangen!
 
 

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