Ator - Herr des Feuers

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Forumseintrag zu „Ator - Herr des Feuers“ von Thorsten

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Thorsten (10.04.2020 12:14) Bewertung
Joe D'Amatos jugendfreie aber stimmige Antwort auf Conan der Barbar
Eldritch Advice
Nach „Gunan – König der Barbaren“, war „Ator – Herr des Feuers“ eine der ersten italienischen „Sword & Sorcery“-Produktionen, die 1982, nach dem internationalen Erfolg von „Conan der Barbar“, ins Kino kamen. Obwohl man diese in Italien gerne als „Neo-Peplum“ bezeichnet, und damit berechtigterweise als Fortsetzung einer italienischen Tradition sieht, machte Regisseur Joe D'Amato keinen Hehl daraus, dass Conan, die berühmteste Schöpfung des Autors Robert E. Howard, der geistige Vater von Ator ist. Dabei bezog sich D'Amato nicht bloß auf das cineastische Meisterwerk von John Milius, sondern ebenfalls auf die von Roy Thomas verfassten und Barry Windsor-Smith gezeichneten Comichefte, die ab 1970 von „Marvel“ herausgegeben und in der Übersetzung von „Editoriale Corno“ auch in Italien begeistert aufgenommen wurden.

Eine Prophezeiung sagt das Kommen eines Kriegers voraus, den man an seinem Geburtsmal erkennen und der dem heimtückischen Spinnenkult, der über das Land herrscht, ein Ende bereiten wird. Dieser Krieger ist Ator. Dem Hohepriester der Spinne ist diese Weissagung nicht fremd. So entsendet er seine Häscher, um diese Bedrohung im Keim zu ersticken. Zwar gelingt es ihnen Ators Stamm und Adoptiveltern zu töten und seine Geliebte Sunya zu entführen, Ator selbst überlebt diese Übergriffe allerdings. Der mysteriöse Krieger Griba nimmt sich daraufhin seiner an und bereitet ihn auf die unausweichliche Konfrontation mit seinem Nemesis vor. Im Kampfe geschult und voller Tatendrang, zieht Ator aus um die Prophezeiung zu erfüllen und seine Sunya zu retten.

Ich muss sagen … in diesem Film steckt mehr Kreativität als man denkt.

Es ist zweifelsohne ersichtlich, dass „Ator“ über ein äußerst geringes Budget verfügte und D'Amato zwar ein durchaus leidenschaftlicher Filmemacher war, qualitativ aber nicht in einem Atemzug mit Größen des italienischen Films wie Mario Bava oder Dario Argento genannt werden kann. Genrefans denken beim Namen D'Amato zunächst an seine Erotikfilme, wie etwa seine zahlreichen Beiträge zur „Black Emanuelle“-Reihe, oder seine berüchtigten Splatterklassiker, wie „Sado – Stoß das Tor zur Hölle auf“ (1979) oder „Absurd“ (1981). Verglichen dazu zeigt sich D'Amato mit „Ator“ ungewohnt zahm. Zwar gibt es einige gelungene erotische Momente, die im Film gezeigten Kämpfe sind allerdings äußerst blutarm, wenngleich, bis auf den finalen Stoß, unterhaltsam in Szene gesetzt. Trotz des geringen Budgets steckt in den präsentierten Kostümen und Requisiten viel Liebe zum Detail. Kombiniert mit der Schönheit von Drehorten wie den Monte-Gelato-Wasserfällen oder den Ruinen von Tusculum, gelang es im Gesamten eine überzeugende Welt zu kreieren, die dem Hyborischen Zeitalter von Robert E. Howard durchaus ähnelt. Der klassische von Carlo Maria Cordio komponierte Soundtrack fügt sich homogen in diese Welt ein, wenngleich der Popsong im Abspann für einen etwas kitschigen Abgang sorgt.

Anders als D'Amato, kann ich über die Besetzung nur positive Worte verlieren, musste im Gegensatz zu ihm aber nicht über drei Wochen mit dieser zusammenarbeiten. Der Regisseur machte keinen Hehl daraus, dass es viel Arbeit benötigte um aus dem Hauptdarsteller Miles O'Keeffe einen veritablen Ator zu machen. Schauspielerisch wuchs O'Keeffe zwar dennoch nicht über sich hinaus, machte dies aber mit Muskeln und Charisma wett. Mein persönliches Highlight ist aber ohnehin in der Besetzung der weiblichen Rollen angesiedelt. Mit Genre-Göttin Sabrina Siani als die Amazone Roon und Erotik-Ikone Laura Gemser als die Hexe Indun, vereinte D'Amato zwei meiner favorisierten Blickfänge in einem Film. Dabei möchte ich aber die Reize von Ritza Brown als Ators primäres Love Interest Sunya nicht unerwähnt lassen. Am meisten überraschte mich jedoch der peruanische Wrestler Dakar als Hohepriester des Spinnenkults, der durch seine Körpersprache und Präsenz dieser Produktion einen eindrucksvollen Bösewicht schenkte.

Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

Wie bereits erwähnt, stecken in „Ator“ Inspirationen aus zwei verschiedenen Interpretationen von Conan. Viele Charaktere und Szenen lassen sich dabei klar ihren Vorbildern zuordnen. Jene aus dem Schwarzenegger-Klassiker sind durch die Popularität des Films natürlich offensichtlicher als jene, die aus den Comicheften entnommen wurden. Kennt man diese illustrierten Geschichten nicht, so hat es den Anschein als habe man lediglich Thulsa Dooms Schlangen- in einen Spinnenkult umgeschrieben. Zwar erwähnte D'Amato nie welche der, von Barry Windsor-Smith gezeichneten, Comichefte diesen Film beeinflusst haben, doch reicht ein Blick auf „Conan the Barbarian“ #4 von 1971 um zu wissen, dass es sich dabei um diese Ausgabe handeln muss. Bereits das Cover dieser Adaptation von Robert E. Howards Kurzgeschichte „der Elefantenturm“ zeigt die Darstellung einer gigantischen Spinne und ihres Netzes samt Held und Jungfrau in Nöten, wie sie ähnlich auch im finalen Akt von „Ator“ zu finden ist. Darüber hinaus lässt sich die Ästhetik aus so manchen Panel in einigen Szenen wiederfinden. All dies zwar im Rahmen des äußerst limitierten Budgets, aber nichtsdestotrotz auf eine kreative Art und Weise.

Doch Ator ist nicht ein vollkommener Conan Klon, denn anders als der Cimmerier ist er der Prophezeite, und in dieser Rolle wesentlich heroischer als sein großes Vorbild. Ein Element, das wohl der eindeutigste „Peplum“-Aspekt in diesem Film ist. Im Großen und Ganzen ist D'Amatos „Barbarendebüt“ daher facettenreicher als man ursprünglich vermuten würde. „Ator“ ist nicht bloß eine Antwort auf „Conan der Barbar“, sondern zugleich eine Hommage, die über das Medium Film hinaus geht. Des weiteren ist dieses Werk einer der frühen Trendsetter des „Neo-Peplum“. Wer Fantasy-Filme mag, über das geringe Budget hinwegsehen kann oder aber genug Vorstellungskraft mitbringt, um die günstigen kreativen Lösungen in seinen Kopf fertig zu träumen, der wird an dieser Produktion viel Freude haben und sich nicht wundern wieso der „Herr des Feuers“ auch in drei Fortsetzungen (zwei davon mit Miles O'Keeffe) zu sehen ist. Obwohl „Ator“ für meinen Geschmack etwas blutiger hätte ausfallen können, handelt es sich dabei um ein Werk, das aus meiner Sammlung nicht wegzudenken und daher auch eines freitäglichen Filmabends würdig ist.
 
 

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