Hoffnung stirbt zuletzt
Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2020 Maria Sødahl portraitiert in diesem – ihren Worten zufolge – unsentimentalem Werk das Leben von Anja und Tomas in der kurzen Zeitspanne von zehn Tage. Als Zuschauer verfolgt man, wie die beiden über eine schreckliche und doch auch liebevolle Achterbahn des Lebens fahren, nachdem Anja die Diagnose eines unheilbaren Gehirntumors erhält.
Es ist der 23. Dezember, kurz vor Weihnachten, als die Protagonistin Anja aufgrund andauernder starker Kopfschmerzen und Sehschwierigkeiten ihre Ärztin aufsucht. Nach einem MRT steht für Anja die Welt Kopf. Ein Gehirntumor ist die Ursache ihres Leidens, ein Jahr nachdem sie wegen des eigentlich inzwischen als besiegt geglaubten Lungenkrebses im Krankenhaus lag. Eine Welt stürzt für sie und ihre Familie ein und innerhalb kürzester Zeit müssen sie und ihr Mann Tomas die Nachricht verarbeiten und ihren Kindern, Anjas Vater und ihren Freunden beibringen, da Anjas Operation bereits am 2. Januar stattfinden soll.
Der Schmerz, der von den Hauptdarstellern subtil, aber effektiv widergespiegelt wird, zerreißt einem so manches Mal das Herz. Auch wenn die Figuren anfangs eher unterkühlt und immer wieder unsympathisch wirken, so fühlt man mit ihnen, während sie beginnen die Diagnose zu verarbeiten und die Phasen der Trauer zu durchlaufen. Gerade Anja wird in dieser Zeit von ihrer Krankheit aber auch von ihren Emotionen stark in die Mangel genommen, so dass sie aus unnachgiebiger Unzufriedenheit schonungslos beginnt, auf manchmal zynische und manchmal sehr verletzende Art ihrem Mann und ihren Freunden die unliebsamen Wahrheiten zu sagen. Dies schlägt sich vor allem in den Dialogen mit Tomas nieder, die von fehlerhafter Kommunikation gezeichnet sind. Sie scheinen ihre Wut zu schüren, wenn sie ihm Dinge an den Kopf wirft, wie „we haven’t lived the same life“ („Wir haben nicht das gleiche Leben gelebt.“).
Die zwei Stunden Laufzeit verfliegen stellenweise, manchmal zieht es sich. Das Tempo des Films passt sich den Emotionen der Charaktere an und überträgt sich auf das Empfinden des Zuschauers, was nicht zuletzt auch an dem Score des Films liegt, der die Szenen untermalt, ohne zu aufdringlich zu werden. Man beginnt mit der Familie dem Tag der Operation entgegenzufiebern und hofft, dass alles gut gehen wird. Gerade Anjas Emotionen und Stimmungsschwankungen sind aber immer wieder schwer greifbar für den Zuschauer, weil es eben nicht leichtfallen darf, sich in sie hineinzuversetzen; schließlich würde das der Tragik und Ausweglosigkeit ihrer Situation die Ernsthaftigkeit nehmen.
In dem kurzen Interview nach dem Film erklären Maria Sødahl, Andrea Bræin Hovig und Stellan Skarsgård, dass es in dem Film nur vordergründig um die Hoffnung gehe, dass Anja die Krankheit besiegt; es gehe vielmehr darum, „to sort out a relationship under the threat of death“ (grob: „sich während dem drohenden Tod mit einer Beziehung auseinanderzusetzen“).
Abschließend ist zu sagen, dass der Film eine tatsächlich irgendwie unsentimentale aber doch sehr emotionale Auseinandersetzung mit Beziehungen im Angesicht des Todes darstellt. „Håp“ ist Gedankenfutter, das einen dazu anregt, selbst das Leben zu betrachten und vielleicht sogar der kleine Anstoß für einen selbst ist, etwas zu ändern.
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