Hail Satan?

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Forumseintrag zu „Hail Satan?“ von susn

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susn (22.10.2019 07:39) Bewertung
Unterhaltsamer Blick in religiöse Heuchelei
Exklusiv für Uncut vom Zurich Film Festival
Wer eine klare Vorstellung von Satanismus hatte, muss sie nach Penny Lanes unterhaltsamen Dokumentarfilm „Hail Satan?“ eventuell nochmals überdenken. Die satanistische Bewegung, die sie mit ihrer Kamera einfängt, hat weniger mit Teufelsanbetung und Tieropfern zu tun, sondern mehr mit sozialen Projekten und einem aktivistischen Einsatz für die Trennung von Kirche und Staat.

Der Satanic Temple, der 2013 von einer Gruppe Aktivisten gegründet wurde, ist in den letzten Jahren an Popularität explodiert mit tausenden Mitgliedern in Chaptern weltweit. Der Hintergrund der Gruppierung ist zum einen der evangelistisch angehauchten Politik in den USA entgegenzutreten, zum anderen auch um Sozialprojekte zu unterstützen und ins Leben zu rufen sowie Performance Art. Dazu gehören vergangene Aktionen wie die Unterstützung der Satanisten für Rick Scott, den Gouverneur von Florida, der das Gebet in den Schulen verankern wollte. Dies würde es satanistischen Kindern erlauben, ebenfalls in der Schule Satan anzubeten, so der Temple.

Ein anderes Beispiel ist der Protest gegen die Westboro Baptist Church und ihre Anti-Homosexuellen-Proteste. Der Temple hielt daraufhin eine „pinke Messe“ am Grab der Mutter des Westboro Gründers, welche diese im Jenseits homosexuell werden lassen solle. Einer der bereits länger existierenden Protestformen ist es nach wie vor zu versuchen, neben den Zehn Geboten, einem christlichen Monument vor einem politischen Gebäude in Little Rock, Arkansas, eine Statue von Baphomet aufzubauen.

In Interviews mit Gründer Lucien Greaves und anderen prominenten Mitgliedern zeigt Lane oft mit einem Augenzwinkern, wie es sich die Gruppierung auf die Fahne geheftet hat, als symbolische Entität gegen willkürliche Autorität und für eine pluralistische Gesellschaft in den USA aufzutreten. In einer Zeit, in der die säkulare Identität des Landes immer weiter untergraben wird, ist es ein sicherer Hafen für jene, die sich gegen diese Entwicklung stemmen wollen.

Obwohl Lane gelegentlich inhaltlich immer wieder abwandert, die vergangene Geschichte des Satanismus in den USA nur sporadisch anreißt, oder Randprobleme der Organisation thematisiert, schafft sie es ein zum Nachdenken anregendes Bild einer scharf debattierten Vereinigung zu zeichnen. Der Satanic Temple mag nach außen auf den ersten Blick für die gemeine Masse befremdend wirken. Doch eine Gruppierung, die sich für Grundrechte wie Gerechtigkeit, Mitgefühl, Glaube an die Wissenschaft oder Mithilfe einsetzt, kann letztendlich doch gar nicht so furchtbar sein.
 
 

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