The Plagiarists

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Forumseintrag zu „The Plagiarists“ von susn

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susn (13.11.2019 13:40) Bewertung
Gesellschaftskritik im Home Video Style
Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
Der Low-Resolution Indie „The Plagiarists“ von Peter Parlow, dessen Figur ein fiktives Konglomerat der Produzenten ist, ist ein pointierter Kommentar zur Schaffensgegenwart von Künstlern und setzt sich auf satirische Art mit den sozialen und philosophischen Problemen dieses Kreises auseinander.

Der Film eröffnet seine Handlung mit Tyler (Eamon Monaghan) und Anna (Lucy Kaminsky), die in ihrem Auto auf einer verschneiten Landstraße festhängen, nachdem sie ihre Freundin Allison (Emily Davis) in Upstate New York besucht haben. Die Streitereien, in denen sich Tyler als arroganter Besserwisser offenbart, werden von einem älteren Mann namens Clip (Musiker William Michael Payne) unterbrochen. Er bietet den beiden an, für die Nacht bei ihm unterzukommen bis der Mechaniker am nächsten Tag das Auto reparieren kann. Während Tyler sofort für die Option votiert, ist Anna skeptisch, ob an Clip etwas faul sein könnte. So befindet sich unter anderem ein kleiner Junge in dessen Heim, der stillschweigend in seinem Zimmer iPad-Spiele spielt.

Nachdem Allison in einer kurzen SMS ihr OK gibt, verbringt die kleine Gesellschaft den Abend damit, über das künstlerische Los zu philosophieren, Essen zu kochen und sich zu betrinken. Der anstrebende Filmemacher Tyler entdeckt zudem einen Schrank voller 80er-Jahre-Videoequipment. Währenddessen beeindruckt Clip die zweifelnde Schriftstellerin Anna mit einer poetischen Erinnerung an seine Kindheit. Voller Tatendrang ihre künstlerischen Ambitionen umzusetzen brechen die beiden am darauffolgenden Tag auf.

Monate später entdeckt Anna jedoch die inspirierende Rede Clips als Passage in dem Memoire „My Struggle“ von Karl Ove Knausgård, als sie und Tyler abermals auf den Weg zu Allisons schicken Landhaus sind. Nach dem anfänglichen Schock fühlt sie sich sogar missbraucht und angelogen. Gefühle, die weder Tyler noch die etwas trockene Allison nachempfinden können, als es erneut zu einer Diskussion der Lebensrealität junger Kreativer übergeht.

„The Plagiarists“ entwickelt seine Effektivität weniger entlang klassischer narrativer Situationen, sondern durch die scharfen Beobachtungen und der Kritik unserer gegenwärtigen Gesellschaft. Tyler und Anna sind das klassische modern Hipsterpaar, das mit seinem Bourgeoisie Hintergrund und ihrem kreativen Selbstleid die Pointen vorantreiben. Fühlen wir mit ihnen? Der Film greift viele Themen auf, die jüngeren Generationen bekannt vorkommen, unter anderem die Herausforderung als Millenial es in diesen Zeiten zu etwas zu bringen.

Weitere Thematiken, die die Autoren geschickt in die Dialoge verpacken sind, gemäß dem Titel, die Frage nach Authentizität, Autorenschaft, Autobiografie und künstlerischem Diebstahl. Zunächst denkt man noch, Anna könnte ein potenzieller Plagiator werden. Dann steht auf einmal Cliffs Ehre im Raum. Der nette Mann, von dem die beiden zuvor noch geschwärmt hatten, nun ein wunderlicher vager Kauz. Die Dialoge sind jedoch oft in ihrer Umsetzung flach und fremdländisch angelegt, was den Zuschauer aus dem Fluss herauswerfen kann.

Diese Dellen abfedern tut die visuelle Inszenierung. Als Tyler eine 80er-Jahre-Kamera in Clips Wohnung entdeckt, mit der er gerne einen Film drehen würde, ist das nicht nur ein Prop, sondern auch ein Augenwink in Richtung Publikum. Immerhin haben die Macher ihre Footage mit genau der gleichen Kamera gedreht. Diese körnige alte Ästhetik hilft dem Film seine eigene Nische zu schaufeln, in der er funktioniert. Die etwas bizarre Schuss-Gegenschuss Optik zwischen dem Paar und Clip ergibt sich daraus, dass die Darsteller ihre Szenen nicht zusammengedreht haben.

Einer der interessantesten Aspekte des Films ist auch die Debatte zwischen Annas und Tylers Medium. Anna scheint durch die Popularität des bewegten Bildes in ihrer Schaffensart gehemmt zu sein, und irgendwie schiebt sich dieses filmische Experiment auch auf ihre Seite. Doch diese etwas altbackene Debatte fügt sich nahtlos in das experimentale letzte Drittel der Handlung ein und vervollständigt das Puzzle einer Anatomie moderner Kunst.
 
 

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