Fourteen

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Forumseintrag zu „Fourteen“ von Reinderl

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Reinderl (02.11.2019 07:56) Bewertung
Schweigen ist Silber, Reden ist Gold
Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
Dem Langfilm „Fourteen“ wird bei der Viennale der Kurzfilm „Caterina“, den der Regisseur Dan Sallitt direkt anschließend gedreht hatte, vorangestellt. Er entstand aus der schauspielerischen Zusammenarbeit mit der Hauptdarstellerin Agustina Muñoz, mit der der Regisseur in „Hermia and Helena“ selbst vor der Kamera gestanden hatte. Die Vignetten, die darin vereinigt werden, konzentrieren sich um sie als Figur, eine Argentinierin in den Staaten, für die der Kurzfilm auch recht schnell geschrieben wurde, da ein USA-Aufenthalt der Schauspielerin genutzt werden musste, um die Handlung zu drehen.

Diese Schnelligkeit der Arbeitsweise wird in der Art und Weise, wie sich die Geschichte entwickelt, sichtbar. Da ist diese Frau, die sich unterordnet, ein Gefäß, das sich anpasst, die Schwingungen der anderen aufnimmt, und die Leute rund um sie, die obergescheit, abweisend, überenthusiastisch, schwätzerisch, liebes- und hilfsbedürftig daherkommen. In Ansätzen kann man diese Frau in dem Kurzfilm spüren, wenn sie beispielsweise, als sich der Mann in der Trafik einfach vordrängt und sie beschimpft, kämpft, dann doch aufgibt, und nach Hause läuft, um dort zu weinen. Banal wird es aber, wenn dann der Hund zu ihr kommt, sie tröstend abschleckt und sie sofort wieder lacht. Man merkt, dass sie einmal für Ideale eingestanden ist, sich aber mittlerweile sehr zurücknimmt, und möchte mehr von dieser Person sehen, die da zwar in Ansätzen gezeichnet wird, aber mit größerer Genauigkeit vielleicht lebendig hätte werden können.

Auch beim Langfilm „Fourteen“ ist die fehlende Genauigkeit in der Entwicklung der Figuren für mich der größte Kritikpunkt. Man sieht Mara in der Schule, wo sie aushilft, dann mit der Freundin Joe (sie reden in einer sehr gelungenen Aufnahme vor einer Hausmauer, die von Ranken übersäht ist), dann mit einem Bekannten von früher, den sie zufällig wiedergetroffen hat und mit dem sie über das Schreiben und ihre Freundin spricht. Joe kommt vor, weil sie vorkommen muss, weil es jemanden geben muss, der sich wundert, dass diese ungleiche Freundschaft schon so lange besteht, auch wenn der dann nur einmal vorkommt. Wie sich die Handlung entwickelt, wirkt für mich zu diesem Zeitpunkt schon leicht aufgesetzt. Man hat das Gefühl, dass der Regisseur die ProtagonistInnen den Situationen anpasst, in denen er sie beschreiben wollte, und nicht von den Personen selbst und ihrem Innenleben ausgeht und motiviert wird.

In „Fourteen“ wie in „Caterina“ passiert sehr viel über die Dialoge oder Monologe, die die Protagonisten führen. Die Handlung wird dadurch vorangetrieben, und wirkt teils wie Stückwerk. Es handelt das Außen, nicht das Innen. Wie der Regisseur, der auch anwesend ist, erklärt, hat alles mit einer Szene begonnen, die er unbedingt drehen wollte, nämlich dem Zusammenbruch einer der beiden Freundinnen. Der Rest des Drehbuches habe sich anhand der Gestalten von Freunden und Freundinnen, aus deren Leben er sich Stücke ausgeborgt hat, zusammengefunden. Genau diesen Eindruck hat der Film bei mir auch hinterlassen.

Die Charaktere sind zwar relativ glaubhaft dargestellt und zuweilen auch zart und einfühlsam gezeichnet, und das Sich Auseinanderleben der Protagonistinnen kann wohl ein jeder, der Ähnliches erlebt habt, ein wenig nachvollziehen, aber die Redelust und die Oberflächlichkeit der Diskurse und Personen geht einem relativ rasch auf die Nerven. Man fragt sich, was eigentlich das Interesse der jeweils anderen Person sein soll, sich mit der Person, die man da vor sich hat, auseinanderzusetzen, und die Personen werden wenig greifbar. Das betrifft sowohl die männlichen als auch die weiblichen Darsteller, die jeder in der eigenen Blase nebeneinander her leben.

Wenn Joe sich bei der Freundin zum wiederholten Mal ausweinen kommt, als sie nicht mehr kann, und dann die in der Kindheit verstorbene Katze ihr als einzig möglicher Grund ihrer Stimmungsschwankungen erscheint, fragt man sich, was der Regisseur dem Publikum eigentlich sagen will. Ob er etwas sagen will.

Dan Sallitt erzählt, er sei ein großer Fan von Éric Rohmer. Ich muss gestehen, dass ich auch dessen Filme manchmal zu dialoglastig finde. Aber selbst bei den kurzen und manchmal banalen Sätzen bei Éric Rohmer ist doch fast immer eine tiefe Wahrheit in den Charakteren spürbar. Die fehlt mir bei Dan Sallitts Film. Besonders, als er dann auch noch ein Kind ins Spiel bringt, um die Handlung noch ein wenig voranzutreiben.
 
 

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