Jesus von Montreal

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Forumseintrag zu „Jesus von Montreal“ von 8martin

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8martin (26.08.2019 13:44) Bewertung
Erneuter Tod am Kreuz
Regisseur Denys Arcand ist einer der eigenwilligsten Regisseure Kanadas und beweist immer wieder Mut zu unangenehmen Grenzerfahrungen. Er widmet sich ungewöhnlichen Themen und präsentiert sie auf ungewöhnliche Art und Weise. Hier spuckt er religiösen Fundamentalisten in die Suppe, indem er die Leidensgeschichte Christi thematisiert und das mit viel Ironie. Manche meinen es sei ketzerisch, andere finden es durchaus realistisch. Die Medien und vor allem die katholische Kirche wird mit ironischen Seitenhieben bedacht.
Der Aufbau des Films und der Inhalt der Szenen lehnen sich eng an die Bibel an, gehen aber letztendlich weit darüber hinaus und lassen eine realistische Interpretation zu. Bibelfeste Zuschauer genießen den Wiedererkennungswert.
Der Schauspieler Daniel (Lothaire Bluteau) sucht sich eine Truppe zusammen, mit denen er ein Passionsspiel aufführen will, denn wie man sieht, sind die üblichen Aufführungen abgrundtief pathetisch und geradezu dämlich. Er findet eine Crew u.a. mit Mireille (Catherine Wilkening) und Constance (Johanne-Marie Trembley) am Dreh, wo z.B. Pornos synchronisiert werden oder Werbung für Parfüm gemacht wird.
Es geht in eine Open Air Aufführung auf dem Gelände der Kirche mit Montreal als nächtliche Kulisse. Erlaubt wurde es von einem Priester, der mit Constance schläft. Mehrere Stationen aus dem Leben Jesu werden in aller Brutalität gezeigt: u.a. die Kreuzigung und die Auferstehung. Das Publikum steht quasi als Begrenzung um die Szenen herum und wandert mit. Es wird ein Riesenerfolg, doch die Kirche verbietet weitere Aufführungen, die Stadtverwaltung erhebt Anklage. Es kommt zu empörenden Protesten und einer Massenkeilerei, in deren Verlauf Jesus mitsamt dem Kreuz umkippt. In der Notaufnahme geht es um Formalitäten, Daniel /Jesus stirbt. Organspende! Erst ein zweites – ein jüdisches Krankenhaus – hilft dem Schwerkranken. Ein cleverer Anwalt bietet Ruhm und Reichtum. Freund und Feind kommen zu Wort: Esoteriker ebenso wie Hysteriker.
Ist nicht jedermanns Sache, aber wenn, dann haut es voll rein. Die Kenntnis von Bibelzitaten ist hilfreich. Ein typischer Festivalfilm! Preisgekrönt.
 
 

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