Durak - Der ehrliche Idiot

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Forumseintrag zu „Durak - Der ehrliche Idiot“ von 8martin

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8martin (01.06.2019 12:20) Bewertung
Schuld & Verantwortung
Das neue russische Kino lebt wieder. Regisseur Bykow hat ein realistisch erschreckendes Gesellschaftsbild der Sowjetunion gezeichnet, wobei man sich aber nie darüber mokierend hinwegsetzen sollte, dass es so etwas bei uns nicht geben könnte. In der sich verändernden russischen Gesellschaft hat das ‘Schlechte vom Kommunismus überlebt, hinzugekommen ist das Schlechte vom Kapitalismus.‘
Der kleine Kemptner Dima (Artyom Bystrov) lebt mit Frau Zhena (Darja Jurjewna Moros), dem gemeinsamen Sohn und den Eltern in sehr beengten Verhältnissen in der Platte. Als er feststellt, dass ein Wohnblock einen Riss vom Dach bis zum Keller hat, tritt er eine Lawine in Gang. Es droht Einsturzgefahr, eine Evakuierung von zirka 800 Menschen scheint unvermeidbar. Die politisch Verantwortlichen feiern gerade prunkvoll die Bürgermeisterin Galaganova (Natalya Surkova) als Big Mama des Volkes. Der Riss, der durch das Haus geht, bekommt gleich zu Anfang symbolische Bedeutung für die Zweiklassengesellschaft. Die Verantwortlichen schieben sich den Schwarzen Peter gegenseitig zu und ergehen sich in Schuldzuweisungen. Da werden klare Aussagen gemacht. Die Hochhausbewohner sprechen von Hyänen in der Verwaltung, von einem korrupten System, einer Diebesbande, vom Abschaum der Gesellschaft. Genauso bezeichnen die von Amtswegen zuständigen die Bewohner der Platte. In den Gängen ist es schmutzig, Jugendliche kiffen. Für Dima sind das aber Menschen. Er wird gestapomäßig mit zwei Verantwortlichen mitgenommen. Darf aber nach kurzer Befragung gehen. Als er zögert, weil er nicht versteht, was da um ihn herum passiert, ruft einer der Geheimpolizisten ‘Hau ab, du Idiot!‘. Unter zwei Bedingungen darf er gehen: er soll mit seiner Familie die Stadt verlassen und nichts unternehmen. Es fallen zwei Schüsse!
Jetzt wird’s persönlich. Dima und Zhena trennen sich. Zhena fährt allein weiter. Seine Eltern nehmen alle Schuld auf sich. Er rennt ins einsturzbedrohte Hochhaus. Weil nichts passiert, treibt er eigenhändig die Bewohner ins Freie. Weil das Haus doch nicht gleich einzustürzen scheint, wird Dima fast von den Bewohnern gelyncht. Unheimlich spannend mit Preisen zurecht überschüttet. Eine umwerfend drastische Dokumentation über die Gefahren jedes politischen Systems.
 
 

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