Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile

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chrosTV (06.05.2019 13:32) Bewertung
Zac Efron brilliert als Serienmörder mit manipulativem Charme
Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
„The court finds that both of these killings were indeed heinous, atrocious, and cruel and that they were extremely wicked, shockingly evil, vile, and the product of a design to inflict a high degree of pain and utter indifference to human life“

Dieses Statement wurde von Richter Edward Cowart verkündet, als Theodore Robert Bundy (besser bekannt als Ted Bundy) im Jahre 1979 für seine langjährig bestrittenen Schandtaten vor Gericht zur Todesstrafe am elektrischen Stuhl verurteilt wurde. Mit einer Gesamtzahl von geschätzt 30 begangenen Frauenmorden (die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt) gilt Bundy als einer der berüchtigtsten Serienmörder der US-Geschichte. Mit seinem charmanten und nach außen hin oft smarten Auftreten gelang es Bundy über Jahre hinweg unzählige Personen - im Glauben er sei unschuldig – um den Finger zu wickeln. Durch sein gutes Aussehen schaffte er es zudem zahlreiche Frauen, die von ihm angetan waren, im Prozess als Unterstützer auf seine Seite zu gewinnen. Unter dem recht umständlichen Titel „Extremely Wicked, Shockingly Evil an Vile“ (inspiriert von den im Gerichtsurteil gefallenen Worten) wird dem längst zum Popkultur-Gut erhobenem Serienkiller erstmals ein Biopic gewidmet. Regie führte dabei Joe Berlinger, der sich bereits vor wenigen Monaten mit der Netflix-Produktion „The Ted Bundy Tapes“ den Schreckenstaten Bundys in dokumentarischer Form angenähert hatte.

In der biographischen Spielfilm-Version konzentriert sich Berlinger nun weit weniger auf die Taten an sich und die (vermeintlichen) Hintergründe, die eine Person zu einem solchen Verhalten treiben, sondern vielmehr auf Bundys Beziehung zu dessen langjähriger Geliebten Liz Kendall und dabei vor allem auf dessen gezielte Massenmanipulation, durch die eine halbe Nation jahrelang an der angeblichen Unschuld des Soziopathen festhielt.

Man staunte nicht schlecht, als vor geraumer Zeit bekanntgegeben wurde, dass Bundy von niemand geringerem als dem einstigen Teenie-Idol Zac Efron verkörpert werden würde. Sämtliche vorangegangene Skepsis löst sich nach Sehen des Films jedoch in Luft auf, denn hierbei handelt es sich aller Erwartungen zum Trotz um eine überraschend perfekte Casting-Wahl. Tatsächlich dient Efrons Performance dem Film nämlich als primäre Antriebskraft. Charmant aber berechnend, enthusiastisch aber dennoch kalt und empathielos: bei Efron sitzt jede Facette, bis hin zu dem Punkt an dem seine scheinheilige Fassade langsam aber sicher zerbröckelt und das widerwärtiger Monster hinter der menschlichen Maske zum Vorschein kommt. Zu keiner Sekunde denkt man hier an den schüchternen Jungen aus den „High School Musical“-Filmen, sondern kauft ihm seine nuancierte Darstellung Bundys vollkommen ab. Besonders im letzten Drittel wird manch Zuschauer durch die Intensität, die von Efrons Spiel ausgeht, sogar einen kalten Schauer über den Rücken laufen. Eine wahrlich beachtliche Schauspieldarbietung, für die sich Efron – wäre der Film mehr für Award-Shows maßgeschneidert – sogar reelle Chancen auf eine potentielle Oscar-Nominierung ausrechnen dürfte!

Ebenfalls beeindrucken kann Lily Collins als Bundys Ex-Freundin Elizabeth Kendall. Collins schafft es sowohl ihre durch Manipulation hervorgerufene Liebe zu Bundy als auch die eigene Emanzipation schauspielerisch auf den Punkt zu bringen.

In Nebenrollen sind zudem unter anderem der einstige Kinderdarsteller Haley Joel Osment („The Sixth Sense“) als Elizabeths späterer Freund Jerry, „The Big Bang Theory“-Star Jim Parsons in der Rolle des Anwalts Larry Simpson und John Malkovich als Richter Cowart zu sehen, die allesamt eine solide Figur abgeben.

Narrativ gesehen weist der Film jedoch auch durchaus seine Schwächen auf. So schafft es Berlinger durch fragwürdige Entscheidungen im Schnitt zu Beginn nicht wirklich einen organischen Erzählfluss zu kreieren und wechselt ungeschickt zwischen mehreren Zeitebenen hin und her. Sobald man sich jedoch in erster Linie auf den Prozess gegen Bundy, und den daraus resultierenden Veränderungen in seinen Privatleben fokussiert, gelingt es dem Film mithilfe der Darstellerriege mitzureißen und klar Stellung zu beziehen, ohne den dargestellten Sachverhalt zu simplifizieren. Es sei dem Werk somit auf alle Fälle zugute zu halten, dass an keiner Stelle versucht wird, die Gräueltaten Bundys zu rechtfertigen oder gar zu glorifizieren, sondern dieser im Film schlussendlich sogar als das erbärmliche und abstoßende Häufchen Elend entblößt wird, dass er nun mal gewesen sein dürfte.


Stellenweise hätte „Extremely Wicked, Shockingly Evil and Vile“ durchaus etwas mehr inszenatorische Finesse und Geradlinigkeit in der Erzählweise vertragen. Dennoch kann das Drama als großes Schauspielstück über die Macht, die Manipulation und mediale Aufmerksamkeit mit sich bringen, insgesamt überzeugen.

Zac Efron wird man von nun an hoffentlich öfters in komplexen Rollen sehen, denn dieser Film ist der beste Beweis dafür, dass in dem einstigen Disney-Star wohl großes Schauspieltalent schlummert!
 
 

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