Housekeeping

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Forumseintrag zu „Housekeeping“ von vroniluisa

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vroniluisa (27.03.2019 16:50) Bewertung
Überraschungsfilm der Diagonale
Exklusiv für Uncut von der Diagonale
„Housekeeping“ erzählt die Geschichte von zwei jungen Schwestern, Ruth und Lucille, die ihre Kindheit in der Einöde von Fingerbone verbringen, nachdem ihre Mutter sich von ihnen abwendet und im schwarzen See ertrinkt. Erst sorgen die Großmutter und ihre Großtanten sich um sie und schließlich taucht ihre außerhalb der Norm tanzende Tante Sylvie auf. Doch im Fingerbone der 50er-Jahre werden alleinstehende Vagabundinnen, mit komischen Angewohnheiten und Pippi-Langstrumpfartigen Ideen nicht geduldet.

Ein Film über Frauen, die in ihrem unangepassten Handeln und in ihren Andersartigkeiten aufblühen, um doch immer wieder von der Gesellschaft gestutzt zu werden. Basierend auf dem Roman „Housekeeping“ von der preisgekrönten Autorin Marylinne Robinson präsentiert der Schotte Bill Forsyth seine erste amerikanische Produktion, mit einem Titel der ziemlich misleading ist – wenn die Frauen in diesem Film eine Sache nicht tun, so ist es Housekeeping. Während sich die Zeitungen im Wohnzimmer wandhoch stapeln, die Ratten im überfluteten Untergeschoß herumschwimmen, tanzen Sylvie und die zwei Mädchen durch das Schlammwasser.

Ein Film, der fast gänzlich ohne Männer auf der Leinwand auskommt, und doch haben die absenten Männer eine drohende Präsenz inne und spielen eine unsichtbare Kontrollinstanz im Leben der Frauen – der Vater, der verschwunden ist, der Großvater, ertrunken und doch ständig präsent, der Sheriff, der droht die Familie auseinander zu reißen, der Schuldirektor, der für Recht und Ordnung sorgt, Sylvies Ehemann, vor dem sie auf der Flucht scheint. Diese Männer schaffen einen starren Rahmen, in dem die Protagonistinnen sich wohl bewegen sollten, aber immer wieder ausbrechen. Dieser starre Rahmen, der die Zuschauerin fast schon klaustrophob werden lässt wird noch verstärkt durch das Bild vom dem kleinen Dörfchen Fingerbone, aus dem es, außer über die Zugbrücke über einem unglaublichen tiefen, schwarzen See keinen Ausweg zu geben scheint.

Die ruhigen, dunklen Naturaufnahmen, der schwarze See, die ständige Düsterheit in Haus und bis in die Kleidung der Frauen ziehend, schaffen eine erschütternde Melancholie – eine Traurigkeit, die auf den ersten Blick nicht greifbar scheint, wenn Tante Sylvie mit den wirren Haaren vor sich hin kichert.

Ein etwas langatmiger Film über intergenerationale Familienkonflikte und drei Frauen, die auf einer verbitterten Flucht vor der Einsamkeit, und auf der Suche nach ihrer Rolle in (oder außerhalb) der Gesellschaft in die unterschiedlichsten Richtungen davonlaufen – in die Dunkelheit auf zwei Tangenten, die sich nie schneiden werden.
 
 

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