The Field Guide to Evil - Handbuch des Grauens

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Forumseintrag zu „The Field Guide to Evil - Handbuch des Grauens“ von juliap

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juliap (14.03.2019 08:19) Bewertung
Jedem Land seine Schauermärchen
Exklusiv für Uncut vom Slash Filmfestival
Die Produzenten Tim League und Ant Timpson der Horror-Anthologie-Reihe „The ABCs of Death“, für die 2012 erstmals eine Riege an internationalen Regisseuren gewonnen werden konnte, die sich in 26 Kurzbeiträgen jeweils einem Buchstaben widmen durften, haben sich nun mit „Field Guide to Evil“ Mythen und Folklore verschrieben. Unter den acht Regisseuren verschiedenster Herkunft (Ungarn, Österreich, Deutschland, Griechenland, Indien, Polen, Türkei und die Vereinigten Staaten), die hierfür um Beiträge gebeten wurden, finden sich unter anderem der exzentrische Brite Peter Strickland sowie Österreichs prominentestes Horror-Regieduo, Veronika Franz und Severin Fiala, bekannt durch ihr gemeinsames Regiedebüt „Ich seh, ich seh“, wieder.

Die acht Kurzfilme variieren stark in Qualität und Unterhaltungswert, wobei besonders Stricklands Gothic-Märchen „The Cobblers Lot“ und das bildgewaltige „Die Sünderinnen von Höllfall“ bzw. „Die Trud“ von Franz und Fiala positiv hervorstechen, während der amerikanische Beitrag „The Melon Heads“ von Calvin Reeder zweifelsohne der misslungenste der acht ist, verfehlt dieser nicht nur das Thema der Anthologie, sondern zieht mit seinem grotesken Narrativ gar den gesamten Film stark ins Lächerliche.

Inspiriert von den frühen Horrorfilmen der Stummfilmära, überzeugt der Kurzfilm „The Cobblers Lot“ vor allem wegen seiner visuellen Ausführung, die mich an den expressionistischen Klassiker „Das Cabinet des Dr. Caligari“ denken ließ, und einer schaurig-schönen klassischen Märchenrahmenhandlung, die auf Grund ihres morbiden Twists manch unerwartete Überraschung bietet. Der Film bildet den Abschluss der Anthologie und vermag es gleichzeitig die Essenz des Schaurigen perfekt in den Zusehern einzuverleiben, sodass trotz der qualitativen Unterschiede der Beiträge, die Intention der Anthologie als durchaus gelungen wahrgenommen wird.

Die Sage von der „Trud“ ist eine im österreichischen Raum weit verbreitete, der Legende nach setzt sich dieses Wesen nachts auf den Brustkorb schlafender Menschen und verursacht so Atemnot, Albträume und im schlimmsten Falle den Tod seiner Opfer. Im Rahmen eines Publikumsgeprächs am Slash Filmfestival 2018 verrieten Veronika Franz und Severin Fiala, dass sie sich von Schauspielerin Susanne Wuest (Die Mutter in „Ich seh, Ich seh“) bei der Auswahl dieser bestimmten Sage beraten ließen. In ihrem Beitrag „Die Sünderinnen von Höllfall/ Die Trud“ , der vom Kameramann Martin Gschlacht wunderschön in Szene gesetzt wurde, wird Bauerstochter Kathi von ihrer Mutter (Birgit Minichmayr) eindringlich vor der Trud gewarnt, die angeblich nur sündhafte Menschen heimsucht. Doch Kathi fällt es schwer sich ihren sexuellen Gelüsten zu verwehren, und schon bald sieht sich das „sündhafte“ Mädchen von der unheimlichen Macht einer Trud verfolgt. Der Beitrag bietet nicht nur einen ironischen Blick auf die antiquierte ländliche Gemeinschaft, sondern thematisiert im selben Zug auch die Sinnhaftigkeit der vorherrschenden Sitten- und Moralregeln.
 
 

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