Story of Ricky

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Forumseintrag zu „Story of Ricky“ von Thorsten

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Thorsten (16.03.2018 23:41) Bewertung
Manga adaptieren leicht gemacht – Dies ist Rickys Geschichte
Eldritch Advice
Realfilm Adaptionen von Mangas haben in Fankreisen nur selten einen guten Ruf. Zu verdanken ist dies primär den großen Studios, die sich die Filmrechte an beliebten japanischen Franchises sichern um von einer bereits etablierten Fangemeinde zu profitieren. Leider herrscht hierbei immer noch die Denkweise vor, dass das Ursprungsmaterial an das „westliche Verständnis“ angepasst werden muss, was in den meisten Fällen eine schöne Umschreibung für nach unten nivellieren ist. So fielen Filme wie „Dragonball: Evolution“ oder „Die Legende von Aang“ ob ihrer Degeneration bei den Otakus durch, aber waren immer noch zu „sonderbar“ um das Mainstreampublikum ansprechen zu können. Obwohl ich gestehen muss, dass insbesondere die zweite Hälfte der letztjährigen „Ghost in the Shell“ Verfilmung einen guten Eindruck bei mir hinterlassen hat, bin ich der Meinung: die interessanteren Adaptationen sind abseits der großen Studios beherbergt. So etwa der 1991 erschiene Film „Story of Ricky“; eine Perle des Hong Kong Kinos von Ngai Choi Lam, die auf dem 1988 erschienen Manga „Riki-Ō“ basiert.

In der dystopischen Zukunft des Jahres 2001 befinden sich die Gefängnisse in der Hand von Unternehmen. Hier werden die Insassen wie Sklaven gehalten und zur Arbeit gezwungen. In einer dieser Anstalten muss der Kampfsportler Ricky seine Haft antreten, weil er den Anführer eines Drogenrings tötete. Dieser befahl zuvor die Ermordung von Rickys Freundin, als sie unfreiwillige Zeugin eines Drogendeals wurde. Eigentlich will Ricky im Gefängnis nur in Ruhe gelassen werden, aber als er herausfindet, dass die Häftlinge nicht bloß zur Zwangsarbeit missbraucht werden, sondern darüber hinaus auch noch für den Gefängnisdirektor Drogen anbauen müssen, beschließt er dieser Schreckensherrschaft ein Ende zu setzen.

Ich muss sagen … dieser Film ist ein pures Vergnügen.

„Story of Ricky“ ist ein Low-Budget Film, der aufgrund seiner „Category III“ Freigabe kein Erfolg an den Kinokassen war, aber später den Heimvideomarkt weltweit für sich gewinnen konnte. Die Freigabe ist allerdings gerechtfertigt, schließlich steht dieser Film für das „gory“ in Category und präsentiert uns ein wahres Blutfest mit gebrochenen Knochen, abgetrennten Gliedmaßen und äußerst kreativen und obskuren Mitteln der Selbstverteidigung, wie etwa den Versuch jemanden mit den eigenen Gedärmen zu erdrosseln. So nah diese übertriebene Art und Weise der Gewaltdarstellung an der Mangavorlage ist, so fern ist sie der Realität und ermöglicht es dadurch dem Publikum Spaß am Gezeigten zu haben. Die Effekte sind, gemessen am Budget, großartig, selbst wenn die remasterte Fassung etwas zu viel erkennen lässt und dadurch so manchen Effekt enttarnt, der in den VHS und DVD Versionen noch im Verborgenen das Auge zu täuschen vermochte.

Große Stars waren für diese Produktion nicht leistbar, aber Ngai Choi Lam gelang es dennoch die Rollen passend zu besetzen. Hierbei sticht einem insbesondere Siu-Wong Fan als der Titelcharakter Ricky ins Auge. Dieser ist nicht nur das perfekte Abbild des Charakters aus dem Manga, sondern ihm gelingt es darüber hinaus auch durch sein Schauspiel zu überzeugen. Freilich, es handelt sich hierbei nicht um Shakespeare, speziell wenn man die furchtbar komische deutsche oder englische Übersetzung in Betracht zieht, aber dennoch vermittelt das Gezeigte alles was man für diese Story braucht. Generell schafft es ein jeder der Schauspieler seiner Rolle etwas zu geben, das in Erinnerung bleibt.

Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

So trashig dieses Werk auch sein mag, es ist ein perfektes Beispiel für die gelungene Umsetzung eines Mangas in einen Realfilm. Manche Szenen wirken als wäre der Manga zum Leben erweckt worden, ohne dabei eine blasse Kopie der Vorlage zu sein. Etwas woran sich viele moderne Comic- und Manga Adaptionen ein Vorbild nehmen sollten. „Story of Ricky“ zeigt wie man seiner Vorlage gegenüber treu und dennoch innovativ sein kann. Über die Jahre hinweg fand ich mehr und mehr Respekt für diesen Film. Als Teenager gefiel mir vor allem die großartige Action; zudem versprühte der hohe Kunstblutgehalt einen gewissen Reiz. Heutzutage schätze ich primär den gelungenen Transfer des Mangas in einen Realfilm, ohne dabei meine jugendliche Faszination für diesen Film zu verlieren.

Es ist Schade, dass es sich hierbei um Ngai Choi Lams vorletztes Projekt als Regisseur handelt. Ich weiß nicht wieso er mit der Arbeit hinter der Kamera aufhörte, aber als Fan seiner Filme ist dies eine Entscheidung, die ich zwar respektiere, aber ebenfalls als bedauernswert erachte. Diese Produktion schenkte mir über die Jahre hinweg zahlreiche schöne Stunden. Vom Moment in den mir ein Schulkollege die VHS borgte, über den Tag des DVD Kaufs, bis hin zum Upgrade auf Blu-Ray, nie habe ich es bereut Geld und Zeit in diesen Film zu investieren. Sollte er dereinst in einem neuen Format erscheinen, ihr könnt euch sicher sein, dass ich ihn auch dann mein eigen nennen werde. „Story of Ricky“ ist die Definition eines Kultfilms und daher eines freitäglichen Filmabends würdig.

Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
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