Anomalie

Bewertung durch Daniel Herler  75% 
Durchschnittliche Bewertung 75%
Anzahl der Bewertungen 1

Forumseintrag zu „Anomalie“ von Daniel Herler

danielherler_f0da35cb62.jpg
Daniel Herler (16.03.2018 13:41) Bewertung
Ein Einblick in die komplexe Welt der psychiatrischen Wissenschaft
Exklusiv für Uncut von der Diagonale
Wie lautet der Sachverhalt der vermeintlich existierenden „Normalität“ zur „Abnormalität“? Gibt es eine objektive Realität oder ist diese stets eine subjektive? Ist der Zwang einer psychiatrischen Institution zu einer Behandlung, die eine Diagnostik bezwecken sollte, eine unfreiwillige Unterwerfung eines „gestörten“ Menschen? Diese Fragen werden in der akribischen Dokumentation von Regisseur Richard Wilhelmer („Adams Ende“) aufgeworfen und deren Facetten ausführlich beleuchtet. Im Mittelpunkt steht Fritz Joachim Rudert, ein Psychiatrie-Erfahrener, der uns seine philosophischen Ansätze in schwer entschlüsselbaren, aber dennoch aufschlussreichen Monologen schildert. Zudem werden Themen wie Entwicklungstendenzen der Psychiatrie, sowie Missstände in den USA von ForscherInnen wie Allen Frances, Elizabeth Loftus oder Gerhard Roth erörtert.

Der Film thematisiert unter anderem die Vielfalt unserer Realitätswahrnehmungen. Im Zuge dessen werden unsere Wahrnehmungen des Films durch stilistische Mittel, wie einem individuellen Einsatz von Slow Motion, radikal beeinflusst. Durch den starken Kontrast, der dramatischen Schwere der Thematik und der Absurdität diverser Sequenzen, kreiert „Anomalie“ einen Facettenreichtum, wie wir es in kaum einer anderen sachbezogenen Dokumentation vorfinden. Trotz der zahlreichen, vielschichtigen Fragen, die den Rezipienten zum Teil auf einer intellektuellen Ebene fordern, bleibt dieses Werk stets neutral und unkommunikativ. Dies ist jedoch von Vorteil, da dadurch auf ideologische Manipulation verzichtet wird. Trotz der bescheidenen Laufzeit von 81 Minuten bleibt „Anomalie“ stets substanziell, sei es auf stilistischer oder thematischer Ebene. Durch die mehrdimensionale Aufbereitung wird jeder Zuschauer, der selbst keinen Zugang zu diesem Themenfeld hat, bestens bedient. Die Produktion des Films ist mit jahrelanger Recherche verknüpft, die sich sichtlich zu erkennen gibt. Der ästhetische Perfektionismus, sowie die diskutablen Ansätze, die in diesem Film verbal geäußert werden und die daraus resultierenden Schlussfolgerungen, bewirken eine nachhaltige Erfahrung.

„Anomalie“ ist das Resultat einer passionierten Filmcrew, sowie ein distanzierter Blickwinkel auf miteinander verknüpfte Themen. Erhaschen Sie einen Einblick in die komplexe Welt der psychiatrischen Wissenschaft.
 
 

zum gesamten Filmforum von „Anomalie“
zurück zur Userseite von Daniel Herler