Gefahr: Diabolik!

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Forumseintrag zu „Gefahr: Diabolik!“ von Thorsten

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Thorsten (02.02.2018 22:12) Bewertung
Mario Bavas vergessene Comicverfilmung
Eldritch Advice
Der legendäre Regisseur Mario Bava ist heutzutage primär für seine herausragenden Beiträge im Horror Genre und seine Pionierarbeit im Giallo bekannt. Von Dario Argento bis Guillermo del Toro; zahlreiche Meister des Horrors fanden Inspiration in seinen Werken. Doch Bava war ein Mann vieler Talente, eines davon war ein herausragendes Verständnis wie man Comichefte für die große Leinwand adaptiert. Den Beweis dafür lieferte er im 1968 erschienenen Agentenfilm „Gefahr: Diabolik“. Dieser basiert auf der italienische Comicreihe um den Meisterdieb und Antihelden „Diabolik“, der 1962 von dem Schwesterpaar Angela und Luciana Giussani erschaffen wurde. Während Bava sich bei der Umsetzung sehr nah an den Comics und ihrer Brutalität orientierte, hatte Produzent Dino De Laurentiis eine etwas familienfreundlichere Version im Kopf. Heraus kam eine mehr als nur interessante Mischung, die eindeutig die Handschrift von Bava trägt.

Das kriminelle Genie „Diabolik“ und seine Gefährtin Eva Kant führen ein Leben in Luxus. Alles was sie benötigen nehmen sie den Reichen, egal ob es sich dabei um den Staat, Mafiosi oder einfach nur wohlhabende Bürger handelt. So charmant „Diabolik“ auch auf seinen Raubzügen agieren mag, er schreckt nicht vor Mord zurück um an seine Beute zu kommen. Der Polizei scheint er immer einen Schritt weit voraus zu sein. Inspektor Ginko, der leitenden Ermittler, wird von dem Meisterdieb stets ausgetrickst. In seiner Verzweiflung schließt er einen Pakt mit dem Verbrecherboss Valmont, denn auch dieser hat Interesse daran, dass „Diabolik“ von der Bildfläche verschwindet. Gemeinsam stellen sie ihm eine Falle, die „Diabolik“ dazu zwing an sein Äußerstes zu gehen.

Ich muss sagen … dieser Film ist ein Meisterwerk!

Bava ist ein Magier! De Laurentiis stattete ihm mit einen Budget von drei Millionen Dollar aus; Bava drehte den Film für etwa 400.000 Dollar und ließ ihn wie eine Millionenproduktion aussehen. Das Ergebnis muss sich vor vergleichbaren Beiträgen, wie etwa dem „James Bond“ Franchise, wahrlich nicht verstecken. Es ist ein regelrechter Augenschmaus mitanzusehen wie es Bava gelang die Ästhetik seiner Horrorstreifen scheinbar mühelos in den Agentenfilm zu übertragen. Doch sein kongenialer Meisterstreich war es die Kunst der Comicverfilmung zu perfektionieren. Bava bewies ein herausragendes Verständnis für das Quellenmaterial. Ihm war bewusst, dass eine ideale Umsetzung nicht daraus besteht so viele Gimmicks wie nur irgendwie möglich aus den Comicheften zu übernehmen, sondern das jeweilige Universum, sowie die sich darin befindenden Charaktere, in einer dreidimensionalen Welt glaubhaft mit Leben zu füllen. Dies gelang ihm bravourös. Was aber ist ein grandioser Film ohne den dazu passenden Soundtrack? Unser Glück, dass niemand geringeres als Ennio Morricone die passende Klänge zu diesem Magnum Opus beisteuerte.

Dino De Laurentiis hatte immer ein gutes Auge für Schauspieler. Auch wenn das Casting nicht reibungsfrei verlief, so krönte das Ende doch das Werk und De Laurentiis wie Bava konnten zufrieden auf die Verteilung der Rollen blicken. De Laurentiis selbst wählte dabei John Phillip Law, den er bereits von den Dreharbeiten zu „Barbarella“ kannte, für die Rolle des Protagonisten „Diabolik“ aus. Es machte sich bezahlt, dass Law eifrig in den Comicheften recherchierte, denn der Trick „Diabolik“ zu spielen bestand daraus Emotionen trotz seiner Gesichtsmaske zu vermitteln. Law brachte dies zur Vollendung und seine Darbietung hat den italienischen Antihelden wahrhaft zum Leben erweckt. Seine Komplizin Eva Kant wurde nach langer Suche mit der Grazerin Marisa Mell besetzt. Obwohl es optisch durchaus Unterschiede zur Comicfigur gibt, ist klar ersichtlich wieso die Wahl auf sie fiel. Sie ist nicht nur wunderschön anzusehen und verfügt über eine übernatürlich wirkende Chemie mit Law, sondern besticht darüber hinaus durch eine spielerische Anmut in ihrem Schauspiel. Ihre Gegenspieler Inspektor Ginko und Ralph Valmont sind Dank der italienischen Charakterdarsteller Michel Piccoli und Adolfo Celi mehr als nur Mittel zum Zweck. Insbesondere Piccoli gelingt es den glücklosen Inspektor als sympathischen und ehrenhaften Verlierer darzustellen.

Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

Soweit überschlagen sich bei mir die Lobeshymnen, denn es ist schwer eine Schwäche an „Gefahr: Diabolik“ auszumachen. Wenn überhaupt, kann man kritisieren, dass das Ende des vorletzten Aktes das bessere Filmende gewesen wäre. Dem entgegen steht aber, dass der Film danach noch einmal an Fahrt aufnimmt und das eigentliche Ende ebenfalls sehr viel Charme hat. Manchen mag der Charakter von „Diabolik“ äußerst suspekt zu sein, schließlich ist er nicht bloß ein Verbrecher, sondern ein Mörder obendrein; keine typische Heldenfigur wie wir sie aus dem US-amerikanischen Kino kennen. Die Geschichte des Films aus der Sicht einer Person zu verfolgen, die in den meisten Filmen ein „Fantomas“ ähnlicher Antagonist wäre, versprüht aber durchwegs seinen Reiz.

Die Figur des „Diabolik“ ist die Antithese zum US-amerikanischen Heldentypus und muss aus der kulturhistorischen Perspektive des Italiens der Nachkriegszeit verstanden werden. Diese Adaption wird, dank Mario Bavas Genie, seiner Vorlage gerecht und ist dadurch nicht bloß eine der besten Comicverfilmungen, sondern darüber hinaus auch einer der besten Agentenfilme aller Zeiten! Bava gelang es den Charme der 60er Jahre sowie die Schönheit Roms und der Grotta Azzurra eindrucksvoll einzufangen. Es wäre eine Sünde dieses Kunstwerk nicht zu empfehlen, daher ist es für mich eindeutig eines freitäglichen Filmabends würdig!

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