The Viking Sagas

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Forumseintrag zu „The Viking Sagas“ von Thorsten

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Thorsten (19.01.2018 09:09) Bewertung
Ralf Moeller und das Zauberschwert
Eldritch Advice
Geschichten über Wikinger sowie die nordische Mythologie haben in Hollywood eine große Tradition. Vom legendären Film „Die Wikinger“ (1958) mit Kirk Douglas, Tony Curtis und Janet Leigh, über „Die Legende von Beowulf“ (2007), bis hin zu den Marvel-Comicverfilmungen über den nordischen Donnergott Thor; die Auswahl an derlei Filmen ist reichhaltig. Obwohl ich einen Großteil dieser Filme mag, fühlen sich die meisten davon doch etwas zu steril beziehungsweise auf ein jüngeres Publikum getrimmt an. Eine solche Romantisierung des Quellenmaterials kann zwar durchaus Charme haben, aber manchmal dürstet es einem doch nach etwas mehr Rohheit. Dankenswerterweise gibt es auch für diesen Bedarf eine zumindest kleine Auswahl an Werken; eines davon ist „The Viking Sagas“‘ (bzw. „Islandic Warrior“), in dem der ehemalige professionelle Bodybuilder Ralf Moeller seine erste Hauptrolle hatte.

Der unbarmherzige Wikinger Ketil trachtet danach, Island vollkommen unter seine Kontrolle zu bringen und schreckt dafür auch nicht davor zurück zum Schwert zu greifen. Nachdem er bereits zahlreiche feindliche Lager aus dem Weg geräumt hat, leistet ihm nur noch Valgard der Wolf Widerstand. In einer letzten entscheidenden Schlacht stellt er sich Ketil entgegen, nur um von diesem tödlich getroffen zu werden. Doch die Walküren müssen warten; bevor das letzte Stück Leben aus Valgard entschwunden ist, schafft er es seinem Sohn Kjartan (Ralf Moeller), der kurz zuvor noch das magische Familienschwert an sich reißen konnte, die Flucht zu ermöglichen. Kjartan findet Unterschlupf am Hof des Gesetzessprechers Magnus und bittet ihn darum, ihm den Aufenthaltsort des legendären Kämpfers Gunnar zu verraten. Dieser ist ein alter Freund seines Vaters und soll ihm lehren ein wahrhaftiger Krieger zu werden um Rache an Ketil zu nehmen und Island zu befreien.

Ich muss sagen … dieser Film ist eine Wucht!

Michael Chapman ist in Hollywood eine Legende unter den Kameramännern. Neben zahlreichen Preisen erhielt er im Laufe seiner Karriere zwei Oscarnominierungen für „Wie ein wilder Stier“ (1980) und für „Auf der Flucht“ (1993). Als Regisseur blieb er allerdings stets eine unbekannte Größe. Schade darum, denn er leistete mit „The Viking Sagas“ durchwegs gute Arbeit. Unter seiner Leitung schaffte man es die Schönheit Islands als Handlungsort eindrucksvoll festzuhalten. Dadurch erweckt dieses Werk durchaus den Anschein von Authentizität. Ferner gelang es ihm den Hauptplot reibungslos mit dem romantischen Subplot zu verknüpfen, sowie ein talentiertes Team um sich zu scharen. Dieses füllte die Szenerie durch qualitativ hochwertige Kostüme, Requisiten und gekonnt gefertigte blutige Effekte mit Leben. Zusammen mit George S. Clintons subtilen, aber dennoch barbarischen Score entsteht dadurch eine gewisses „Low Fantasy“ und „Sword & Sorcery“-Ambiente.

Als Ralf Moeller für „The Viking Sagas“ als der Protagonist Kjartan gecasted wurde, befand er sich noch am Beginn seiner Schauspielkarriere. Zu seinem Pech war Mitte der 90er-Jahre der Trend ehemalige Bodybuilder für Abenteuer- und Actionfilme zu besetzen bereits zurückgehend. Obwohl Moeller in späteren Filmen wie „Gladiator“ (2000) als Nebendarsteller überzeugen konnte, waren Muskeln zu jener Zeit eher hinderlich um interessante Hauptrollen zu erlangen. Bedauerlich, denn auch wenn er nicht über das „Larger than life“-Charisma seines Freundes Arnold Schwarzenegger verfügt, so ist es doch eine Freude ihn auf der großen Leinwand zu bestaunen. Schauspielerisch ist seine Leistung zwar nicht das Gelbe vom Ei, aber durchwegs solide. Er schafft es die Entwicklung seines Charakters nachvollziehbar darzustellen und zudem durch sein markantes Erscheinungsbild zu punkten. Gudrun, die Tochter des Gesetzessprechers und das „Love Interest“ von Kjartan, wird von der bezaubernden isländischen Sängerin und „Eurovision Song Contest“ Teilnehmerin Ingibjörg Stefánsdóttir dargestellt. Obwohl sie eine natürliche Schönheit ist, wäre es falsch ihre Rolle nur auf Ihr Aussehen zu reduzieren. Sie verkörpert Gudrun mit viel Stärke ohne dabei an Grazie zu verlieren. Der größte Gewinn für den Film ist allerdings die Besetzung des berühmten Stuntman Sven-Ole Thorson als Gunnar. Thorson beweist, dass er einiges an schauspielerischem Talent in sich hat. Ich gehe sogar soweit ihn als einen regelrechten Charakterdarsteller zu bezeichnen. Als Gunnar gibt er diesem Film etwas Besonderes.

Ist dieser Film eines freitäglichen Filmabends würdig?

Obwohl „The Viking Sagas“ sehr authentisch wirkt, handelt es sich dabei keinen historischen, sondern einem waschechten Fantasy-Film. Dieses Werk ist ein pures Unterhaltungsprodukt und es unterhält blendend. Insbesondere wenn Kjartan zur finalen Schlacht einen ärmellosen Kettenmantel trägt; schließlich ist es ist wichtiger seine Muskeln zur Schau zu stellen als seinen Körper vollends zu schützen. Aber seien wir uns mal ehrlich, niemand castet einen Ralf Moeller in seiner Blüte um ihn für die gesamte Dauer des Films komplett angezogen zu lassen. Solche Momente lockern einen ansonsten sehr ernsten Film ein wenig auf. Mir gefällt diese Mischung aus Ernsthaftigkeit und B-Movie Charme.

Nach diesem Film stieg mein Wunsch nach ähnlichen Produktionen. Ralf Moeller hat schauspielerisch eine gewisse Grenze, aber schafft es seinem Charakter Persönlichkeit zu geben, während Sven-Ole Thorson uns zeigt was er wirklich kann, wenn man ihm nur genügend Bildschirmzeit gibt. Dieses Werk ist ein verstecktes Juwel im „Wikinger“ sowie „Sword & Sorcery“-Genre. Wenn ihr Lust auf diesen Film bekommen habt, meidet auf jeden Fall die geschnittene Fassung (FSK 16), sondern geht sicher, dass ihr auch die volle Ladung Ralf Moeller für euer Geld bekommt. „The Viking Sagas“ ist für mich alles was ich mir davon erhofft habe und noch viel mehr ... und daher auch eines freitäglichen Filmabends würdig!

Habt ihr Interesse an Horror und Trashfilmen sowie anderer cineastischer Kleinodien, empfehle ich euch meinen englischsprachigen YouTube Channel zu besuchen. Dort bespreche ich mindestens einmal wöchentlich ein Filmjuwel aus meiner Sammlung:
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