Love, Simon

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Forumseintrag zu „Love, Simon“ von susn

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susn (20.07.2018 10:52) Bewertung
Coming out mit Drehbuchschwächen
„Love Simon“ ist der Beweis, den die Filmbranche gebraucht hat, dass Filme mit Homosexualität als Thema nicht automatisch tragisch sein müssen. Dass nicht alles sich um AIDS oder Ablehnung drehen muss. Und vor allem, dass das Thema auch ein junges Publikum im Teenageralter erreichen kann. Was der Film leider auch zeigt ist, dass Regisseur Greg Berlanti und sein Autorenteam keine High School Welt zeigen können, die nicht wie aus der Werbung gehüpft wirkt und dessen Dialoge zum Teil wirken, als wären sie aus Reddit abgeschrieben.

Der Film handelt von Simon (Nick Robinson), der gerne betont dass er wie du und ich ist, aber ein großes Geheimnis hütet. Er ist schwul und die Frage nach dem Outen stellt ihn nach wie vor vor große Probleme. Einerseits will er von seiner Familie (Jennifer Garner, Josh Duhamel) und seinen Freunden (Katherine Langford, Alexandra Shipp, Jorge Lendeborg jr.) nicht anders behandelt werden, zum anderen kann er sich auch nicht mit der Idee anfreunden, die Darlegung seiner sexuellen Präferenzen formell ankündigen zu müssen. Dass er nicht der einzige an seiner High School ist, erkennt er eines Abends im Social Media Kanal der Schule, in der ein gewisser „Blue“ schreibt dass er schwul ist und sich allein fühlt. Simon nimmt als „Jacques“ Kontakt auf und bald schreiben die beiden einander ihre Sorgen und Ängste. Das geht nur auf kurze Zeit gut. Der unpopuläre Martin (Logan Miller) entdeckt die Emails. Auch wenn er kein Problem mit Schwulen hat, benutzt er die Nachrichten um Simon zu erpressen, ihn Abby (Shipp) näher zu bringen. Simon, der sich in Blue verliebt hat und ihn nicht verlieren will, beginnt daraufhin im Leben seiner Freunde herumzumischen.

Das schöne an „Love Simon“ ist, dass die Zuschauer und die Filmemacher gemeinsam an einen Punkt angekommen ist, wo wir nicht mehr debattieren müssen, ob Homosexualität ok ist oder nicht. Die einzigen die sich im Film darüber lustig machen sind zwei Bullies an der Schule, die vom Rest gemieden werden und auch gegen Ende vom Direktor bestraft werden. Die Tatsache, dass mit Ethan (Clark Moore) ein „Klischee-Schwuler“ mit fancy Outfit, näselnder Aussprache und femininer Grazie die High School besucht und auch noch richtig beliebt ist, nimmt der Handlung auch viel Wind aus den Segeln wenn es darum geht Simon als ein Unikum darzustellen. Schwul sein ist in dieser Welt bereits mehr oder weniger normal. Es geht eher darum, wie Simon selbst mit dem Thema umgeht und wofür er bereit ist.

Was den Film hingegen zum Teil anstrengend macht ist diese übertrieben peppige Art, wie das Leben Simons inszeniert wird. Es wirkt so, als hätten die Macher in Onlineforen oder auf Instagram abgeschrieben was es heute bedeutet jung zu sein. Da holt man sich jeden Tag vor der Schule einen Eiskaffee, mit den Eltern wird gemütlich bei Take Out vorm Fernseher gelümmelt, und in der Schule sorgt eine etwas bizzare Aufsichtsperson (Tony Hale) in den Gängen für Aufsicht. Die Dialoge sind weniger gesprochen sondern grelle Leuchtreklamen über den Köpfe der Charaktere die rufen „Schau wie hipp wir reden“.

Und dann ist da noch Martin. Nicht unbedingt der Bösewicht wie die Handlung vermutet, ist auch er im Grunde nur eine Figur die nach Bestätigung sucht. Als er Simon mit zu sich nimmt und dieser beginnt seine Zaubereitricks und -utensilien zu bemängeln erklärt er entschieden: „Ich will nicht dass du mich änderst.“ Simon solle ihm helfen Abby so zu bekommen wie er ist. Der Film hebt hier offensichtlich schuldbewusst die Hände, nur um dann aber wieder im gleichen Ton weiter zu machen.
Während Martin hier wahre Worte spricht, wird Simon immer mehr zum Antipathie-Träger. Die wiederholten Betonungen Blues, er wolle sich nicht zu erkennen geben, ignoriert er. Ein Bursch nach dem anderen rückt in seinen Fokus, immer wieder versucht er sie dazu zu bringen ihm durch die Blume zu sagen ob sie sein Chatpartner sind. Zum Schluss steht es Blue zwar frei sich zu erkennen zu geben, aber es passiert erst als Simon öffentlich verkündet er wolle sich jetzt mit ihm treffen. Als jemand, der selber lange nicht wusste was er wollte, ein wenig zu viel Druck.

Was von „Love Simon“ letztendlich bleibt ist ein weiterer Beweis, dass auch Minderheiten einen Film tragen können und erfolgreich sind. „Love Simon“ versucht diesen aktuellen Zeitgeist einzufangen, und auch wenn er oft daran scheitert, so ist er zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.
 
 

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