Die Liebenden von Balutschistan

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Forumseintrag zu „Die Liebenden von Balutschistan“ von LucyVonTrier

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LucyVonTrier (21.01.2017 19:54) Bewertung
Eine Märchenhafte Reise in eine unberührte Kultur
Exklusiv für Uncut
„Ich will dir Balutschistan zeigen, die iranische Provinz, die eigentlich zu gefährlich ist, und mich deshalb immer schon interessierte…“

Houchang Allahyari, der in Österreich lebende Psychologe und Regisseur nimmt seinen Sohn, der österreichisch aufgewachsen ist, mit in das Land seiner Herkunft, und entdeckt mit ihm gemeinsam eine Kultur, die beiden bislang unzugänglich war.

Balutschistan, ein Name der schon so mystisch wie aus einem Märchen klingt, ist auch die Heimat der berühmten iranischen Sage von Hani und Morid, die uns durch den Film begleitet. Es war einmal das mutige Mädchen Hani, das den Prinzen Morid liebte, und auch er liebte sie. Auch Houchang Allahyari verliebt sich im Laufe der sieben Reisen, die er gemeinsam mit seinem Sohn in die unterschiedlichen Regionen unternimmt - in dieses Land. Die größte Provinz Pakistans, die sich über die Grenzen des Irans und Afghanistans hinweg erstreckt, blieb dem Regisseur bislang verschlossen, da sie als ein von politischen, sozialen Unwegsamkeiten geprägtes gefährliches Gebiet gilt. In einem Umfeld, das im Vergleich zu Österreich von großer Armut geprägt ist, scheinen die Kinder eine wichtige Rolle als Geschäftsleute zu spielen, die ihre Eltern bei der Existenzbewältigung unterstützen müssen. Die kleinen Jungen am Rande des wirbelnden Kreisverkehrs verkaufen in Scharen seltsame Flüssigkeiten, deren grelles Orange an Limonade denken lässt - doch man wird aufgeklärt: es handelt sich um Treibstoff für Mopeds. So manche Begebenheit erscheint rätselhaft, und so erfragt und erforscht der Regisseur, auch selbst im Bild, unermüdlich alles, was er sieht. Die Menschen denen wir begegnen, sind materiell gesehen so weit unten und obwohl er mit der Kamera irgendwie auf sie hinab schaut, gelingt es ihm doch, sie in ihrer Würde, sogar mit Bewunderung zu portraitieren.
Von einer Familie zur nächsten werden wir weiter geleitet, mit den Worten „Wenn ihr echte belutschische Kultur kennenlernen wollt, müsst ihr unbedingt…“
…den Sänger kennenlernen, der das Märchen von Hani und dem Prinzen, am originalgetreuesten singt, und uns eröffnet, wie milchglatt Hanis Haut war, und wie man trotz einem Tanzverbot zu den Melodien tanzt.
…von dem, der die Geschichte erstmals auf Papier festhielt, erfahren, dass Hani, die durch ihre Eltern zur Hochzeit mit einem reichen König gezwungen wurde, stets ein Schwert zwischen sich und den König ins Bett legte, um ihre eigentliche Liebe zu Morid nicht zu veruntreuen.

Sowohl die Menschen als auch die Natur von Balutschistan sind noch weitgehend unberührt und scheinen darauf zu warten, sich durch Houchang Allahyari der Welt zu zeigen. Der persische Golf wird aus Vogelperspektive, noch aktive Vulkane aus nächster Nähe gezeigt. In Kläranlagen verirrte Krokodile werden gerettet (wie schon im Kurzfilm „Das persische Krokodil“ 2011 genial gezeigt) und wir erkunden das Land nicht nur zu den traditionell auf der Laute gespielten und gesungenen Märchen, sondern auch bekommt der Film durch Rockmusik eine mitreißende Roadtrip-Atmosphäre. Von einer Oase zur nächsten erfahren wir Anekdoten, Erzählungen und Traditionen wie zum Beispiel ein Hochzeitsritual, mit dem der Frieden zwischen zwei Gemeinden besiegelt wird. Der Sohn lernt seinen Vater Houchang Allahyari hier als Geschichtenerzähler mit verschmitzten Lächeln und dem besonderen balutschischen Humor neu kennen, und kann sich so auch seiner eigenen Herkunft annähern.

Eine beeindruckende Leistung ist es, aus dem Material von sieben Reisen einen leichtmütigen Reisefilm zusammen zu stellen, der einen in diese wirklich unbekannte Kultur hineinträumen lässt.
 
 

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