Der Ornithologe

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Forumseintrag zu „Der Ornithologe“ von deutobald

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deutobald (25.10.2016 07:46) Bewertung
Spirituelles Blair Witch-Project im Dickicht Portugals
Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
Man nehme einen feschen Ornithologen, setze ihn mit Outodoor-Ausrüstung & Kajak in eine Umgebung wie aus einer „Universum“-Doku über Portugals unberührteste Wälder (minus der bedeutungschwangeren Sprecherstimme & Musik) und sehe zu was passiert.

So einfach & klar beginnt dieser Film.

Aber nix da. Der forschende Feschak verschaut sich beim Vogelbeobachten, gerät in Stromschnellen & unter Wasser, worauf eine verwirrende Serie eigenartiger Begegnungen folgt.
Und schon ist es aus mit der Klarheit.
Erst denkt man noch, die beiden chinesischen Santiago-Pilgerinnen sind tatsächlich seine Rettung, aber als er tags darauf kunstvoll verschnürt an einen Baum gehängt vor deren Zelt erwacht, wird dem Zuseher klar, dass die Geschichte offenbar eine ganz andere Richtung nehmen soll. Die Handlung macht die eigenartigsten Rösselsprünge, aber Unschlüssigstes wird hier schlüssig erzählt und ist dabei immer auch schön anzusehen.
Wie üblich hat man bei derlei Filmen zwei Möglichkeiten: man versucht jedes einzelne Symbol zu entschlüsseln (und verzweifelt dabei ähnlich schnell wie das tuschelnde Paar neben mir: „Warum macht er jetzt das?“, „Ist das jetzt derselbe wie in der Szene am Fluss ? Oder ein Alter Ego?“) oder man gibt sich ganz in die Hände des Regisseurs.

Dass es sich bei dem Film um eine Paraphrase auf das Leben des Antonius von Padua handelt, das merken – mit Verlaub – ohne Vorinformation maximal Theologen & routinierte Hagiographen (wobei sich die wohl kaum in einem Film verirren wo Antonius sich mit dem Alter Ego des Messias nackt am Flussufer balgt.). Aber dies zu durchschauen verlangt der Autor wohl auch nicht, ich vermute dieses Nüsslein hat er Exegeten & Filmanalytiker zugedacht. Uns Normalverbrauchern hingegen hat er ein funkelndes Arthouse-Labyrinth vorgelegt, an dem man durchaus große Freude haben kann.
 
 

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