Deadpool 2

Bewertung durch susn  85% 
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Forumseintrag zu „Deadpool 2“ von susn


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susn (16.05.2018 20:41) Bewertung
Witzige Fortsetzung mit ein paar Durchhängern
Exklusiv für Uncut
Konfrontiert mit der Herausforderung, sein Meta-Storytelling auf die nächste Ebene zu hieven, schafft es das Sequel zum 2016 Überraschungshit „Deadpool“ dennoch den richtigen Ton zu treffen. Um den ich-bewussten Antihelden Deadpool auch richtig in Szene zu setzen, haben die Macher darauf verzichtet nach der Devise „schneller, lauter, größer“ zu agieren und ein riesen CGI-Spektakel zu kreieren, sondern haben glücklicherweise in die Popkultur-Kiste gegriffen um die Geschichte weiter zuzuspitzen. Das Füttern des Publikums mit beliebten Film- und Society-Referenzen und das gelegentliche unerwartet unterhaltsame Brechen eines Filmstereotyps sind das Fundament eines im Großen und Ganzen geglückten Sequels.

Zu Ehren des süffisanten Wolverine-Deadpool-Zwists, den Ryan Reynolds und Hugh Jackman gerne auch mal über Twitter ausleben, geht es auch gleich einmal mit einer Anspielung auf Wolverines Tod in „Logan“ los. Er werde auch im Laufe des Films sterben, verspricht Deadpool. Der Grund wird kurz darauf offensichtlich. Wade verdient sich seit seiner Wiedervereinigung mit Vanessa (Morena Baccarin) nach wie vor einen Lebensunterhalt als Söldner. Eines Tages bringt er aber die Arbeit ungeplant mit nach Hause. Eine Gruppe von Gangstern folgt ihm und obwohl er sie der Reihe nach besiegen kann, muss Vanessa daran glauben. Die Unsicherheit, ob da nun wirklich innerhalb der ersten paar Minuten Deadpools Freundin umgelegt wurde, beantwortet sich mit den durchaus kreativen Intro-Inserts, die das originell-geistige Erbe des ersten Teils fortführen.

Nun ist Deadpool ja unverwüstlich und so gesellt er sich nicht wie erhofft zu seiner toten Freundin ins Jenseits, sondern wird von X-Men-Mitgliedern Colossus (Stefan Kapicic) und Negasonic Teenage Warhead (Brianna Hildebrand) wieder aufgepäppelt und als Trainee eingestellt. Aber Deadpool ist nun mal Deadpool und der X-Men-Code bestenfalls eine Guideline. Als er und das Team den jungen Pyro-Mutanten Russell (Julian Dennison), der den Direktor eines Jugendheimes für Mutanten bedroht, außer Gefecht setzen sollen, legt Wade lieber die Einsatzkräfte vor Ort um, da Russell anscheinend in dem Heim misshandelt wurde. Die beiden landen daraufhin im Gefängnis, aber hier ist noch lange nicht Endstation. Der mysteriöse Cable (Josh Brolin, in zweiter Marvel-Bösewichtfunktion), ein Elitesoldat aus der Zukunft ist in die Gegenwart gereist um Russell umzulegen. Warum ist nicht klar. Aber der einsame Wolf Wade entdeckt sein Herz für den Jungen und will ihn vor Cable schützen. Mit von der Partie sind wieder seine Freunde Weasel, dargestellt mit gähnender Belanglosigkeit von T.J. Miller der wirkt, als würde er die ganze Zeit Stichwortkarten ablesen, sein treuer Sidekick Dopinder (Karan Soni), Blind Al (Leslie Uggams) sowie ein paar neue Gesichter der eigens gegründeten X-Force, allen voran Domino (Zazie Beetz).

Von der Menschheit misshandelte Mutanten, die zusammenwachsen müssen um sich gegen Verurteilung zu wehren: Deadpool ist nun vollends im X-Men-Universum angekommen. Vorbei sind die sorglosen Zeiten, in denen er einen ganzen Film damit verbringen konnte, sich nur um die babyweiche Posterboy-Version seines Gesichts zu sorgen. Diesmal muss sich der Antiheld auch dem größeren Narrativ eines jeden Fox-Men-Films beugen. Dass dieses Unterfangen nicht vollends im wiederkauendem Erkennungswert älterer Filme untergeht liegt allein daran, dass die Filmemacher nach wie vor selbstreferenzierende augenzwinkernde Erzählelemente bedienen. Dies Balance zwischen dieser Metaebene und dem Einsatz gewisser altbackener Konventionen in Handlung und Dialog ist ein Drahtseilakt, der den Film nicht ganz zu scharfzüngig sein lässt wie Teil eins, aber trotzdem noch einiges an Spaß zu bieten hat.

Der Film mag somit vielleicht nicht so ins Bienennest stechen wie sein Vorgänger, aber er nutzt den erlangten Honig lieber um ihn jedermanns gegenwärtiger Lieblingsnostalgieära, den 80ern, ums Maul zu schmieren. So entfaltet sich der Plot nicht nur als eine Art „Terminator trifft Zurück in die Zukunft“, er wird auch optisch mit etwas „Robocop“ gewürzt und einem 80er Soundtrack unterlegt. Ob a-has „Take on Me“ oder Peter Gabriels „In Your Eyes“, das selbstverständlich aus einer Boombox spielt die Deadpool in die Höhe haltet, der Zeitgeist weht nicht nur in Figur von Bill Skarsgard durch das Bild, sondern auch als Stimmungsmacher.

Zum Schluss bleibt zu sagen, wer bereits genug von den überaus korrekten X-Men hat, der kann nur hoffen, dass es bald einen „X-Force“-Film geben wird, den gemeinen kleinen aber viel lustigeren Bruder der X-Men. Vorausgesetzt, es findet nicht noch mehr Kurskorrektur statt, um die Filme auf eine Ebene mit der primären Filmreihe zu bringen. Aber wer lang genug bleibt, um sich die brillanten Post-Credits anzuschauen wird wissen, hier sind Leute am Werk die die Figuren verstanden haben.
 
 

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