Sieranevada

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Forumseintrag zu „Sieranevada“ von sobarbso

sobarbso (20.09.2017 16:24) Bewertung
Sieranevada (hangry family)
In Hollywood sind Filme über Familienzusammenkünfte, vor allem zu Thanksgiving oder Weihnachten, keine Seltenheit. Auch der rumänische Regisseur Cristi Puiu behandelt in seiner Tragikomödie Sieranevada (dessen Titel übrigens keinerlei Bedeutung hat) eine Familienzusammenkunft. Doch anstatt eines idyllischen Treffens mit einem Festmahl an einer langen Tafel wie wir es aus dem amerikanischen Feiertagskino kennen, siedelt Puiu die Handlung in einer kleinen Wohnung in Bukarest an – wo diverse Familienmitglieder zusammengekommen sind, um dem vor 40 Tagen verstorbenen Patriarchen die letzte Ehre zu erweisen. Während die Familie auf die Ankunft des Priesters wartet, der den Toten segnen und nach dessen Ankunft endlich gemeinsam gegessen werden soll, entbrennen hitzige Diskussionen über Gott und die Welt.

Gleich zu Beginn zeigt die handgeführte Kamera immer wieder das Öffnen und Schließen der überraschend vielen Türen in der kleinen, muffig wirkenden Wohnung in Bukarest. Von Anfang an geht also ein Gefühl von Unbehagen und Ungeduld – nicht zuletzt durch die Länge des Films mit 173 Minuten – auf das Publikum über; man will eigentlich gar nicht weiter zuhören und zusehen, so anstrengend sind die lauten Gespräche, Streitereien und das Knallen der Türen. Der Film will auf keinen Fall, dass der Zuschauer sich wohlfühlt. Gesprächsthemen drehen sich um alles andere, als den Toten; stattdessen werden Verschwörungstheorien besprochen, Untreue aufgedeckt, und eine betrunkene Bekannte versorgt.

Die Enge der Wohnung, die Anwesenheit der vielen Personen, und die Tatsache, dass die Kamera ganz nah an die Geschehnisse herangeht, lassen die gesamte Situation klaustrophobisch erscheinen. Am Ende bleibt beim Zuschauer ein Gefühl von Stress – und die Erkenntnis, dass man bei Familientreffen wie diesem besser nicht zu lange darauf wartet, zu essen.
 
 

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