Ricki - Wie Familie so ist

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Josko (20.08.2015 16:21) Bewertung
Ricki, die nicht flasht
Exklusiv für Uncut vom Sarajevo Film Festival
Ricki (Meryl Streep) ist Rockmusikerin. Als junge Erwachsene hatte sie sich für diesen Weg, aber gegen ihren nunmehrigen Ex-Mann Pete (Kevin Kline) und ihre drei Kinder entschieden, mit welchen sie nun freilich nicht das beste Verhältnis pflegt. Ihre Entscheidung hat auch finanziell negative Spuren hinterlassen, denn aus der großen Karriere ist nichts geworden. Mit ihrer Band „Flash“ stehen Gigs in kleinen Spelunken an der Tagesordnung. Um sich vor dem Privatkonkurs zu schützen, arbeitet sie somit auch als Kassierin auf Mindestlohnbasis in einem Lebensmittelladen. Als allerdings ihre Tochter Julie (mittlerweile 30-something) nach der Trennung von ihrem Mann versucht, sich umzubringen, kratzt Ricki all ihre Geldreserven für das Flugticket zusammen, um sie mit dem wiederverheirateten Pete aufzupeppeln. Unter anderem ihre beiden Söhne wollen aber nur noch wenig mit ihrer Mutter zu tun haben.

Der Film erzählt von einer US-amerikanischen Frau, die ohne wenn und aber ihren Traum verfolgt. Dass ihre Leidenschaft trotz großem Einsatz kein oder nur wenig Geld abwirft, spricht nicht für die US-Idee des „American Dream“. Vielleicht ist es aber mittlerweile viel näher an der amerikanischen Lebenrealität, dass man zwar als „Manager“ (der Job von Pete wird nicht näher beschrieben, aber anhand der Figurenzeichnung nahegelegt) Geld wie Heu verdient, dafür aber in anderen Bereichen mehrere Jobs annehmen muss, um überhaupt über die Runden zu kommen.

Auf diesen im Ansatz (gesellschafts-)kritischen Moment lässt der Film nichts folgen. „Das Schweigen der Lämmer“-Regisseur Jonathan Demme ist mit Drehbuchautorin Diablo Cody („Juno“) ein bekömmlicher, aber äußerst uninspirierter Film gelungen. Von den beiden Oscar-Trägern hätte man durchaus mehr erwarten können.

Wenn man einen Blick hinter die durchaus ansprechenden und die Schwächen des Films kaschierenden Leistungen der Schauspieler unternimmt, offenbaren sich die Figuren nämlich als Ansammlung von Stereotypen. Die dritte Oscar-Preisträgerin des Films, Meryl Streep, spielt gewohnt souverän und es liegt durchaus im Bereich des Möglichen, dass sie hierfür ihre 30. Nominierung für einen Golden Globe einheimsen wird. Auf ihre 20. Oscar-Nominierung wird sie aber wohl noch warten müssen.

Die besten Momente des Films sind freilich jene, in denen Ricki mit ihrer Band auftritt. Die Tonaufnahmen dazu sind live entstanden und vermitteln somit einen unmittelbares Gefühl, das vielen fiktionalen Musikfilmen fehlt. Den Platz auf der Bühne teilt sich Meryl Streep natürlich mit Profi-Musikern. Rick Springfield (u.a. bekannt durch seinen 80er-Hit „Jesse's Girl“) spielt nicht nur den Gitarristen ihrer Band, sondern auch ihren Lover und ist damit in einer größeren Rolle zu sehen.

Mehr als ein paar nette Songs bekommt man bei dem Film aber nicht geboten. Wenn man bis zum Schluss durchhält, erwartet einen ein geradezu typisch kitschiges Ende, das aus einer dieser planmäßig konstruierten RomComs stammen könnte.
 
 

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