Avengers: Endgame

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Forumseintrag zu „Avengers: Endgame“ von r2pi


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r2pi (28.04.2019 18:30) Bewertung
das ende einer ära
ein auftakt mit paukenschlag: hawkeye trainiert gerade seine tochter, er dreht sich um, seine tochter zerbröselt, frau und söhne sind plötzlich vom erdboden verschwunden – eine situation, die emotional jeder nachvollziehen mag... wir wissen, thanos hat mit einem fingerschnippen das halbe universum ausgelöscht, um ein neues, "besseres" zu schaffen, um ein wie auch immer geartetes, verqueres gleichgewicht wiederherzustellen. nur die alte garde der avengers ist noch übrig, um das geschehene doch noch irgendwie rückgängig zu machen...

in zwei stunden wird das schicksal der verbliebenen rekapituliert, traumata angesprochen, pläne geschmiedet, zu staub zerfallene "kommen wieder nach hause". emotionale momente (spidey zu tony: "ach, ist das schön...") und reminiszenzen an die früheren filme wechseln sich ab mit versuchen, sich der infinity steine zu bemächtigen, bevor sich thanos ihrer bedienen kann. dass der einst übermächtig erscheinende bösewicht mehr durch zufall und unzulänglichkeiten der avengers als durch eigenes verdienst die oberhand gewinnt, ist allerdings keine gute entscheidung der drehbuch-autoren. merke: je mächtiger der gegner, desto wertvoller der sieg.

"der kampf unseres lebens" wird dann in der letzten, dritten stunde beinahe verschenkt – alles wie gehabt, leider... die erwartungshaltungen der fanbase werden nur im kleinen maßstab unterlaufen (stichwort: thor), originelle einfälle zum großen handlungsbogen fehlen aber vollständig: mit zeitsprüngen, einem "zeithüpfer", will man die geschichte doch noch nach den eigenen vorstellungen umdrehen, kaschiert mit dem wissenschaftlich klingenden wort möbiusschleife, aber im grunde doch nix anderes als zurück in die zukunft. hollywood-wissenschaft eben... dabei hätten sich durchaus andere, weniger billig oder verkrampft wirkende auswege angeboten: thanos hätte etwa einen lernprozess durchmachen können. tausende male sein liebstes zu opfern hätte ihn vielleicht, wenigstens ein einziges mal, an seiner rigiden weltanschauung zweifeln lassen können, und er hätte selbst die "decimation" verhindert... so aber wird aus einem potenziell vielschichtigen bösewicht ein lupenreiner psychopath, der für die ermordung des halben universums auch noch dankbarkeit erwartet und, um sich zukünftiger kritik der überlebenden nicht aussetzen zu müssen, jetzt gleich das ganze universum "bis aufs letzte atom zerfetzen" will.

fazit: nostalgie, melancholie, und das ende einer ära – avengers: endgame ist ein film von fans und für fans. wer mit dem marvelschen kino-infiniverse bisher nicht viel anzufangen wusste, der wird auch hier wenig freud dran haben (und womöglich auch die vielen anspielungen an die 21 vorgänger-filme nicht verstehen). aber zu meinem leidwesen werden auch eher die fans von kassenknüllern wie guardians of the galaxy oder thor: ragnarok bedient – massentauglicher humor und aggressive one-liner ("ich hab auf den kopf gezielt", "lasst ihn uns richtig töten") schlagen hier die shakepearesche ambivalenz und tiefe früherer einträge. das drehbuch wirkt – trotz aller achtung vor der herkulesaufgabe, alle storyfäden einigermaßen zu verknüpfen – dahingeschludert; die große story, der endsieg, die affirmative weiterführung des status quo, hat einen bitteren beigeschmack: auslöschung wird gegen auslöschung gesetzt. aber was macht das schon? wir sind die guten, amen. bei so viel eindeutigkeit wird jeder fortschritt im humanistischen sinn unmöglich...

als persönliches resümee dieser kino-serie bleibt mir die erinnerung an unzählige helden, die mit herzblut geschaffen wurden, an kongeniale besetzungen, an ordentliche charakterentwicklung und lebenslinien, die auf ihre persönlichkeit zugeschnitten wurden: tony, der held der ersten stunde, cap, der sein verpasstes leben nachholt, thor, der neue asguardian of the galaxy, loki, der wie immer die gunst der stunde zu nutzen versteht... auf wiedersehen bei disney+!

was mich abstößt, ist das große ganze: befinden wir uns ebenso in einer möbius-zeitschleife, bleiben wir "unvermeidbar" stecken in einer immerwährenden wiederkehr von sinnlosem gemetzel und blindwütiger zerstörung? müssen wir unsere menschlichen schwächen und körperlichen unzulänglichkeiten mit technik, bio-engineering oder gar rückgriff auf magie und alien-technologie ausmerzen, um "perfekte" wesen zu werden? wollen wir unser geschick wirklich psychopathischen charakteren und seelenlosen übermenschen anvertrauen? nick fury is back, carol danvers is here – das ist eine gefährliche drohung.

vielleicht schau ich mir mal die kommende loki-serie an – immerhin war das eine der interessantesten marvel-figuren; ansonsten möchte ich an stan lees cameo ("nuff said" - genug der worte) anschließen: nuff seen.
 
 

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