Carol

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Forumseintrag zu „Carol“ von Josko


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Josko (24.10.2015 21:00) Bewertung
Gefühle, auf den Punkt gebracht
Exklusiv für Uncut von der ViENNALE
Regisseur Todd Haynes beschäftigt sich in seinen Werken gerne mit weibliche Charakteren, die in der restriktiven Umgebung der USA der 1940 und 50er Jahre versuchen, aus ihrer Rolle auszubrechen. Nach dem Film „Dem Himmel so nah“ aus 1994 und der Mini-Serie „Mildred Pierce“ aus 2011 ist in „Carol“ wiederum eine Hausfrau zu eben jener Zeit im Mittelpunkt des Geschehens. Carol gespielt von Cate Blanchett hat genug vom vermeintlichen Familienidyll und lässt sich von ihrem Mann scheiden. Das Wichtigste in ihrem Leben ist und bleibt aber die gemeinsame Tochter, die Lösung wäre ein gemeinsames Sorgerecht. Die zweite Hauptfigur, die mittzwanzigjährige Therese (Rooney Mara), will eigentlich Fotografin werden, findet sich aber in einem unbefriedigenden Verkaufsjob wieder. Der vorgezeichnete Weg scheint die Heirat mit ihrem Freund zu sein. Als sich die beiden Frauen begegnen sind sie auf Anhieb voneinander angezogen.

Der Film zeigt nicht nur eine Liebesgeschichte mit relativ großen Altersunterschied zwischen den Partnern – was im New York der 1950er Jahre eigentlich schon genug Aufsehen erregen würde – sondern obendrauf eine zwischen zwei Frauen. Nur wenige Momente zwischen Carol und Therese lassen erahnen, dass es zwischen den beiden funkt – was exemplarisch für den gesamten Film gilt. In nur einigen Mimiken, Gestiken und Kameraeinstellungen vermag der Film so viel an Emotion, Gedanken und Story zu vermitteln, für welche andere Stunden bräuchten, um unterm Strich trotzdem weniger zu erzählen. Diese präzise Art ist eine Kunst, für die nicht nur Todd Haynes oder seinem Kameramann Edward Lachmann Ehre gebührt. Man braucht zumindest talentierte Schauspieler und diese wurden mit Blanchett und Mara wahrlich gefunden, welche beide Oscar-würdige Performances abliefern.

Im Laufe des Films kommt Carols Mann hinter den „unehrenhaften Lebenswandel“ seiner Ex-Frau und klagt auf alleiniges Sorgerecht. Obwohl die gesellschaftlichen Normen wie in diesem Fall immer wieder dazwischen funken, bleibt „Carol“ stets auf seine beiden Hauptfiguren fokussiert. Ob aber die Liebe trotz widriger Umstände immer obsiegt, will uns der Film aber dann (noch) nicht erzählen.
 
 

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