Cannes 2015
Cannes 2015 - Tag 10

Cannes 2015 - Tag 10

Während in Cannes der kleine Prinz seine Premiere feiert, verlässt das Uncut-Team wieder die Côte d'Azur.
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von (patzwey)
Leander und ich mussten heute nach einer durchaus spannenden Festivalwoche wieder die Heimreise antreten. Aus dem Flugzeug warfen wir noch einmal einen Blick auf das strahlend blaue Meer und die Côte d'Azur. Doch auch ohne uns stehen die Filmfestspiele nicht still. „Chronic“ mit Tim Roth in der Hauptrolle sowie „Valley of Love“ mit Gerard Depardieu und Isabelle Huppert liefen im Wettbewerb. Der Animationsfilm „Der kleine Prinz“ wurde außer Konkurrenz präsentiert.

Von den Festspielen abzureisen heißt auch auf eine Woche Glamour und Filmvergnügen zurückzublicken. Nun hat man auch endlich Zeit, die vielen auf einen eingeprasselten Eindrücke zu verarbeiten. Doch welche Filme bleiben retrospektiv betrachtet in Erinnerung? Welche Tendenzen im Weltkino lassen sich erkennen?

Auffallend ist, dass es bei Festivals stets bestimmte Themen gibt, die sich durch zahlreiche Filme ziehen. Dieses Jahr fiel mir die ständige Präsenz des Todes auf. Am ersten Tag meines Cannes-Aufenthalts standen sowohl Amy Winehouse, als auch ein fiktiver toter Sänger im Mittelpunkt. In „Cemetery of Splendour“ sowie „Journey to the Shore“ ging es um die Beziehung von Diesseits und Jenseits. „Taklub“, „Masaan - Fly Away Solo“ und natürlich „The Sea of Trees“, in dem Matthew McConaughey nach Japan reist, um sich dort das Leben zu nehmen, setzten sich ebenfalls spezifisch mit dem Thema auseinander. In einigen Filmen wurde getrauert, in anderen brutal niedergemetzelt. Auffallend war auch meine sechs Filme andauernde Serie von Filmen ohne jegliches Happy End und mit einem hoffnungslosen Ausblick auf die Zukunft. Alles ging den Bach runter, das Gesellschaftsbild war ein düsteres. Erst der wunderbare indische Film „Masaan - Fly Away Solo“ brach mit seinem Versuch die Geschichte doch noch irgendwie positiv enden zu lassen mit der Serie. Natürlich konnten wir in den fünf Tagen nur einen Bruchteil des Programms sehen. Ein Rückblick auf die Festspiele kann nur ein streng subjektiver sein. Dennoch spiegeln solche Tendenzen in den Geschichten gesellschaftspolitische Entwicklungen wider.

Wenn ich mir meine Filme nochmal in Erinnerung rufe, waren „Cemetery of Splendour“, „Carol“ und überraschenderweise auch die wunderbare französische Produktion „Fatima“ sowie der beängstigende mexikanische „The Chosen Ones“ die herausragenden Werke. Persönlich hat mir auch der teils surrealistische „Das Märchen der Märchen“ sehr gut gefallen. Denn auch, wenn er filmisch sicherlich einige Schwächen aufweist, haben mich die wunderbar absurde Story und die tolle Kameraarbeit überzeugt. In Erinnerung bleiben allerdings nicht nur die herausragenden Filme: Auch den oft unfreiwillig komischen „The Sea of Trees“ sowie natürlich den visuell gelungenen 3D-Sexfilm „Love“ von Gaspar Noé mitsamt des wohl außergewöhnlichsten 3D-Effekts der Filmgeschichte werde ich nicht so schnell vergessen. Denn in Vergessenheit geraten oft die Filme, die weder außergewöhnlich gut noch schlecht sind. „Marguerite et Julien“ wäre sicherlich ein Kandidat für diese Kategorie. Wäre da nicht ein Detail, das bei einem Filmfestival wie Cannes dazukommt: Der Ambiente-Faktor. Denn da es sich bei „Marguerite et Julien“ immerhin um meinen allerersten Film in den edlen Räumlichkeiten des Grand Theatre Lumiere handelte, werde ich ihn wohl mein Leben lang nicht vergessen. Ebenso nicht den filmhistorisch wohl nie relevant werdenden „Ich bin tot, macht was draus“, meinen ersten Film in Cannes überhaupt.
Der Autor
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patzwey

Forum

  • Cannes

    Vielen Dank für eure informativen und durchaus unterhaltsamen Berichte über Cannes. Es sind sicher ein paar Perlen dabei, auf die ich mich schon freue, wenn ich Zeit dazu habe. Ich bin neidisch auf euch und die ganzen letzten Tage :-) ich habe die Zeit mit Lernen verbracht. Auf jeden Fall hoffe ich, dass ihr wieder gut in Österreich angekommen seid und euch vom ganzen Hardcore Film schauen gut erholt :-)
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    23.05.2015, 21:35 Uhr
  • Toller Rückblick

    Auch ich werde unseren Auftritt in Cannes in sehr guter Erinnerung behalten. Es hat Spaß gemacht mit Dir über unterschiedliche Filme zu diskutieren.
    Und vergiss bitte nicht 2 Trashperlen nachzuholen: WHY ME? und IRON EAGLE :-)
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    23.05.2015, 11:59 Uhr