Indie Inside
Indie Inside: Manic Pixie Dream Girl

Indie Inside: Manic Pixie Dream Girl

Die Stadtneurotikerin gewährt euch ab sofort Einblicke ins Independent Kino. In der ersten Ausgabe geht es um die Traumfrauen des Independent Films.
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von (Stadtneurotikerin)
Manic Pixie Dream Girls (MPDG) sind die Traumfrauen des Independent Film. Traumfrauen sind sie allerdings nur deswegen, weil sie keineswegs echt sind. Gemeint sind damit Charaktere wie Sam (Natalie Portman) in „Garden State“ oder Penny (Kate Hudson) in „Almost Famous - Fast berühmt“. In all ihrer Perfektion sind diese Mädchen eben nur eins, und zwar perfekt. Ihr Zweck ist es den männlichen Hauptcharakter, der sich meistens gerade in einer Quarter- oder Midlifecrisis befindet, im Laufe des Filmes wieder auf den rechten (Lebens)Weg zu bringen. MPDGs dienen mit ihrer meist unkomplizierten und kindlichen (nicht zu sagen naiven) Sicht auf die Welt als Quelle der Inspiration des Protagonisten, der die Komplikationen seines Daseins letztendlich überwindet, indem er auf sein MPDG hört. Damit es auch Sinn macht auf Ratschläge eines labilen Mädchens zu hören, werden dem MDPG nicht selten Geheimnisse oder Krankheiten angedichtet. Das macht sie umso bewundernswerter, wenn sie so cool durchs Leben geht, wie es eben nur ein MDPG kann.

MPDGs sind nichts Neues. Annie Hall (Dianne Keaton) aus „Der Stadtneurotiker“ war 1977 schon eines. Aber erst 2005 und dank Kirsten Dunst in „Elizabethtown“, gab der Filmkritiker Nathan Rabin diesem weiblichen cinastischen Phänomen einen Namen. Und seitdem ging es dem Manic Pixie Dream Girl ganz schön an ihren blumenbestickten Kragen.



Schauspielerin und Drehbuchautorin Zoe Kazan schuf in ihrem Film „Ruby Sparks - Meine fantastische Freundin“ etwa den Prototyp eines MPDG, das tatsächlich der bloßen Phantasie und Feder des Protagonisten entspringt und dessen Charakter auch nach Lust und Laune veränderbar ist. Nach mehreren Versuchen Ruby auf eine Weise zurechtzubiegen, dass sie seiner Wunschvorstellung entspricht, muss sich Calvin schließlich eingestehen, dass das nicht der richtige Weg zum Liebesglück ist und dass er doch lieber ein reales Mädchen hätte. Damit setzte Zoe Kazan ein Zeichen gegen die MPDG-Bewegung. Auch Zooey Deschanel, die in „(500) Days of Summer“ noch das perfekte Manic Pixie Dream Girl mimte, zeigt sich in ihrer TV-Serie „New Girl“ kritischer gegenüber dem Phänomen des MPDG. Ihre Rolle der Jess sieht sich zwar selbst als eine Art Dream Girl, sie scheitert jedoch immer wieder an ihrer unbeholfenen Art und stolpert ganz un-dream-girly-like über alles was sich ihr in den Weg stellt. Einer der letzten Filme, die ein MPDG auf die Kinoleinwand brachten (naja, zumindest fast) war „Her“. Der Film erzählt die Liebesgeschichte zwischen Theodor und seinem „intelligent operating system“ Samantha. Auch diese Liebe scheitert, obwohl Theodor sie doch ganz seinen eigenen Bedürfnissen entsprechend erschaffen hat. Im Gegensatz zu anderen MPDGs, denen vorgeworfen wird zweidimensionale Charaktere zu sein, legt Samantha aus „Her“ zu viele Dimensionen an den Tag und ist somit am Ende für Theodor und sein menschliches Herz nicht mehr greifbar.

Wie es mit dem totgesagtem Manic Pixie Dream Girl weitergehen soll, bleibt abzuwarten. Ganz von der Leinwand verschwinden wird sie wohl nie. Dazu ist sie zu sehr Traumfrau.
Die Autorin
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Stadtneurotikerin


Forum

  • Hassobjekt

    Persönlich finde ich MPDGs extrem nervig in Filmen. Besonders Zooey Deschanel war als Summer unerträglich. Als normale Frau muss man die MPDGs fast hassen, schließlich werden sie von den Indie-Helden angeschmachtet und verdienen es durch ihr Verhalten nicht selten gar nicht.
    Gibt es denn ein männliches Pendant, das würde mich interessieren...?
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    06.08.2014, 13:17 Uhr
    • Manic Pixie Dream Boys

      Die gibt es bestimmt irgendwo. Es gibt nur keine halbherzigen Feministinnen, die sich darüber aufregen. :)
      Aber mir würden spontan nur Beispiele aus Literatur(Verfilmungen) einfallen. Etwa Mr. Darcy aus "Pride & Prejudice" oder Mr. Rochester aus "Jane Eyre".
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      06.08.2014, 15:29 Uhr
    • pendants?

      da möchte ich heftig widersprechen, stadtneurotikerin, weder darcy noch rochester scheinen mir geeignete beispiele zu sein - da schon eher (meist nur oberflächlich gezeichnete) quarterbacks oder sonstige sportskanonen diverser highschools. die schlussendlich ja auch zugunsten des frisch erblühten männlichen mauerblümchens geschasst werden...

      ich denke das auftreten einer MPDG/muse tut dabei nichts zur sache: entscheidend ist allein, dass sie von ihrem bewunderer "angehimmelt" wird. pure projektionsfläche eben...
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      06.08.2014, 17:27 Uhr
  • MPDG

    oder neudeutsch für: "die muse"...?

    "her": dass samantha "für theodore und sein menschliches herz nicht mehr greifbar" ist - mag das nicht eher daran liegen, dass sie, einmal als massenprogramm enttarnt, ihren exklusiven, individuellen zugang zu theodore verloren hat?
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    06.08.2014, 12:23 Uhr
    • ja,

      ...nur dass 'Muse' sowieso ein bisschen eine übermenschliche Bedeutung hat, die versucht gar nicht erst bescheiden zu sein. :)

      das stimmt natürlich. die ganze Geschichte war um einiges komplexer als ich es oben erwähnt hab. ich habe quasi an der Oberfläche gekratzt um das MPDG-Thema zu veranschaulichen.
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      06.08.2014, 15:22 Uhr