Midnight Special

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Forumseintrag zu „Midnight Special“ von Movies Are My Jam

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Movies Are My Jam (14.02.2016 00:17) Bewertung
„Starman“ trifft „Unheimliche Begegnungen der dritten Art“
Exklusiv für Uncut von der Berlinale 2016
Ganz klar inspiriert von Steven Spielbergs „E.T. – Der Außerirdische“ und „Unheimliche Begegnung der dritten Art“ plus John Carpenters „Starman“, erzählt Regisseur Jeff Nichols eine fantastische Science-Fiction-Geschichte, die einen emotional fesselt und berührt.

Der Film beginnt mit der vermeintlichen Entführung von Alton (Jaeden Lieberher), die sich später jedoch als Rettungsaktion herausstellt. Alton verfügt nämlich über besondere Fähigkeiten: er kann die Koordinaten von Satelliten bestimmen und diese sogar auf die Erde fallen lassen, Menschen Dinge „sehen“ lassen, ja, sogar Welten heraufbeschwören! „Entführt“ wird er von seinem Vater Roy (Michael Shannon) und dessen Freund Lucas (Joel Edgerton), die beide das Kind aus den Fängen von religiösen Extremisten befreien wollen.
Das absolut Wunderbare an der Anfangsszene ist, dass sie sofort mitten ins Geschehen einsteigt. Sie beginnt mit der Nachrichtenmeldung des entführten Jungen und Augenblicke später befindet sich der Kinozuschauer im Fluchtauto mit Alton, Roy und Lucas. Überlange Expositionen sind nicht notwendig (Wer ist der kleine Junge? Warum trägt er eine Taucherbrille? etc.), man wird direkt ins kalte Wasser geschmissen.

Nach und nach erst bekommt man ein paar Antworten auf die Fragen, die man sich zu Beginn gestellt hatte, wobei einige Geschehnisse gar nicht erklärt werden. Jeff Nichols bedient sich hier wunderbar der Kunst der „Mystery“: Etwas Außergewöhnliches und Surreales wird mit den Fähigkeiten von Alton aufgebaut und dadurch, dass der Zuschauer über gewisse Tatsachen (wie kam es zu den Fähigkeiten?) im Dunkeln gelassen wird, ist hier seine eigene Imagination gefragt. Immerhin ist das, was man sich vorstellt, meistens beängstigender als das, was man tatsächlich sieht. Man hatte sogar das Gefühl, dass nicht einmal die Charaktere im Film selbst ganz genau wussten, was gerade vor sich geht, was das Ganze nur noch realistischer und glaubhafter machte.

Wenn ich schon gerade dabei bin, die Charaktere von „Midnight Special“ zu erwähnen, muss an dieser Stelle gesagt werden, wie fantastisch diese geschrieben waren! Und da lautete Nichols Devise vermutlich ebenfalls „weniger ist mehr“, denn zu keinem der Charaktere gab es ausführliche Hintergrundgeschichten und dennoch schließt man jeden einzelnen Protagonisten ins Herz. Man weiß über Roy beispielsweise zwar, dass er ebenfalls Teil dieser religiösen Extremistengruppe war, aber nicht, ob und warum er sie verlassen hat. Er ist ein besorgter Vater, der alles für seinen Sohn tun würde. Lucas ist Roys bester Freund, der aus Sorge zu diesem Kind ebenfalls sein Leben lassen würde. Sarah (Kirsten Dunst) ist Altons Mutter und ein außerordentlich emotional starker Charakter. Am Ende des Films macht sie nämlich etwas, wozu Roy vielleicht gar nicht fähig gewesen wäre. Für all diese Personen ist Alton oberste Priorität: sie wissen nicht genau was seine Kräfte bedeuten, woher sie wirklich kommen, aber das ist ihnen egal. Alles was sie wollen, ist nämlich Altons Sicherheit. Diese bedingungslose Liebe zu dem Kind wirkt so echt, dass es einem als Kinozuschauer wirklich warm ums Herz wird.

Nicht zu vergessen ist der NASA-Wissenschaftler Paul, wunderbar gespielt von Adam Driver, der den Humor in den Film bringt. Über ihn weiß man so gut wie gar nichts, aber dennoch ist er einer der Charaktere, die nach dem Film am ehesten in Erinnerung bleiben. Und last, but definitely not least, Alton selbst, großartig verkörpert von Jaeden Lieberher! Er hatte so tolle Zeilen und Dialoge, da vergisst man beinahe, dass er das einzige Kind in einem Erwachsenen-Cast ist. Er war schon in „St. Vincent“ an der Seite von Bill Murray zu sehen, überzeugte absolut in beiden dieser Filme - man kann auf die Zukunft dieses Kindes äußerst gespannt sein.

Fantastisch in „Midnight Special“ war auch die wunderschöne Kinematographie von Adam Stone, der bis jetzt an jedem Film von Jeff Nichols mitgearbeitet hat. Die Bilder wirkten extrem aussagekräftig und beeindruckend. Vor allem in den letzten 20 Minuten wird der Film nur anhand von Bildern erzählt, es gibt wirklich keinen Dialog. Den braucht es auch gar nicht finde ich, durch die eindrucksvollen Wideshots allein kann man so viel erzählen. Der Film wurde noch dazu perfekt untermauert von der Musik von David Wingo.

Einzig und allein warum ich „Midnight Special“ keine 100% gebe, ist, dass er mich wirklich des Öfteren an „Starman“ oder „Unheimliche Begegnungen der dritten Art“ erinnert hat. Aber alles in allem, war es ein toller Film, den ich jedem empfehlen kann und den ich mir garantiert ein weiteres Mal anschauen werden, sobald er in Österreich anläuft.
 
 

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